Eine Großzahl der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen steht unverändert vor der Handlungsunfähigkeit. "Die Vorschläge des Landes für Nachbesserungen im Haushaltsrecht reichen nicht annähernd aus, die Kommunen sind zwingend auf eine schnelle und durchgreifende Lösung angewiesen", sagte Prof. Dr. Christoph Landscheidt, Präsident des Städte- und Gemeindebundes (StGB NRW) und Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort, in einer ersten Bilanz zur jüngsten Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch in Bergisch Gladbach. Für einen ausführlichen Austausch über mögliche Auswege aus der schweren kommunalen Krise war eigens Kommunalministerin Ina Scharrenbach angereist.

Klare Forderung der Städte und Gemeinden: Soweit das Land nicht ausreichend eigene Mittel aufbringen kann, muss es vorübergehend das NKF-CUIG-Isolierungsgesetz reaktivieren, über das die Kommunen die Folgekosten für die Pandemie und den Ukraine-Krieg aus den Haushalten herausrechnen konnten.

Im Zentrum der Diskussionen steht der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements im Land Nordrhein-Westfalen (3. NKFWG NRW). "Die Kommunen sind zwingend auf Hilfen angewiesen. Die Ballung von Kriseneffekten und enorme zusätzliche Belastungen gefährden akut den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung", stellte Landscheidt klar.

"Zwar hat sich die Landesregierung erkennbar bemüht, die Spielräume zu erweitern, doch helfen uns kleinteilige Änderungen im Haushaltsrecht nicht weiter", so der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes. "Wir wünschen uns deutlich mehr Entschlossenheit und den erkennbaren Willen, irreparablen Schaden von der kommunalen Familie abzuwenden. Die einzige echte und nachhaltige Lösung sehen wir in einem Abbau der strukturellen Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden", erklärte Landscheidt.

"Diese Landesregierung hat sich schon mehrfach für die Kommunen eingesetzt und uns ist bewusst, dass der Landeshaushalt unter Druck steht", sagte Jürgen Frantzen, Vorsitzender des Finanzausschusses und Bürgermeister der Gemeinde Titz. "Wenn aber keine frischen Mittel greifbar sind, sollte die Landesregierung das NKF CUIG fortführen, mit dem die Kommunen die finanziellen Lasten durch die COVID-19-Pandemie und den Krieg in der Ukraine auslagern konnten."

Mit den regulären Mechanismen könne das Haushaltsrecht auf die aktuelle Notlage nicht angemessen reagieren, ergänzte Präsident Landscheidt. Umso mehr brauche es ein wirksames Kriseninstrument. „Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sind aus Sicht der Kommunen bei weitem nicht abgearbeitet“, betonte er. "Eine befristete Verlängerung würde entlang mittlerweile bekannter und eingeübter Strukturen den Haushaltsausgleich erleichtern, und das mit einem Minimum an Gesetzgebungsaufwand."

Aus Sicht der Städte und Gemeinden bietet sich noch ein anderer Ansatz für eine schnelle und wirksame Unterstützung an: „Eine weitere Option wäre eine befristete Aussetzung von Abschreibungspflichten. Ein solches Moratorium hätte eine enorme Entlastungswirkung für die Städte und Gemeinden“, erklärte Landscheidt.

Mit Spannung erwarten die Kämmereien den von Ministerin Scharrenbach für die kommende Woche angekündigten Entwurf zur Änderung der Kommunalhaushaltsverordnung. "Hier gibt es", so der Ausschussvorsitzende Frantzen, "noch einige interessante Ideen wie zum Beispiel die bilanzielle Aktivierbarkeit bestimmter Vermögenspositionen, die wir prüfen werden."

"Nicht zumutbar wäre eine weitere Belastung der Bürgerinnen und Bürger", stellte Präsident Landscheidt klar. "Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen waren schon viel zu oft gezwungen, durch Steuererhöhungen auf die strukturelle Unterfinanzierung durch Bund und Land zu reagieren. Insbesondere eine weitere Anhebung der Hebesätze bei der Grundsteuer wäre nicht mehr vermittelbar."

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