„Wir sind sehr beunruhigt über das Verschwinden von Minnie Chan. Es ist leider gängige Praxis des chinesischen Regimes, Medienschaffende zu entführen und für Monate willkürlich in sogenannten schwarzen Gefängnissen festzuhalten. Dort werden sie ihrer Rechte beraubt und oft misshandelt. Peking muss sofort den Aufenthaltsort von Minnie Chan bekanntgeben und – sollte sie festgehalten werden – die Journalistin freilassen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.
Minnie Chan ist leitende Reporterin bei der South China Morning Post (SCMP) und spezialisiert auf Verteidigungsthemen. Ende Oktober reiste sie nach China, um am Xiangshan Forum teilzunehmen, einer dreitägigen Sicherheitskonferenz in Peking. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo News zuerst berichtete, können Chans Freunde die Journalistin seitdem nicht mehr erreichen. Sie befürchten demnach, dass die Behörden Chinas möglicherweise gegen sie ermitteln.
Chans jüngster Artikel über Chinas Reaktion auf den Krieg in Gaza wurde Anfang November auf der Website der SCMP veröffentlicht. Auf Anfrage einiger Medien erklärte die Zeitung, die Journalistin sei aus persönlichen Gründen abwesend, um in Peking „eine private Angelegenheit zu regeln“. Laut Kyodo News könne die Zeitung aus Datenschutzgründen keine weiteren Details nennen. Die SCMP drohte zudem mit rechtlichen Schritten gegen die Nachrichtenseite Hong Kong Free Press, nachdem diese über das Verschwinden der Reporterin berichtet hatte.
Auch die Hong Kong Journalists Association äußerte sich besorgt über das Verschwinden Chans. Die Journalistenvereinigung ist eine der letzten Organisationen, die sich lautstark für Medienschaffende in der chinesischen Sonderverwaltungszone einsetzt, und war in diesem Jahr für den RSF Press Freedom Award nominiert.
In den vergangenen Jahren gab es in China mehrere Fälle, in denen Journalisten entführt oder heimlich festgehalten wurden. So war etwa der in China geborene, schwedische Verleger Gui Minhai 2015 in Thailand entführt worden und Monate später im chinesischen Staatsfernsehen für ein „Geständnis“ wieder aufgetaucht. Ende Mai 2023 wurde der Journalist Yang Zewei in Laos entführt. Vier Monate nach dem Verschwinden von Lü Hua im April 2023 kam heraus, dass der Verleger im Gefängnis sitzt.
In keinem Land sind mehr Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit inhaftiert als in China, derzeit sind es mindestens 109. Mit einer seit Mao Zedong nie dagewesenen Machtkonzentration hat sich Staats- und Parteichef Xi Jinping eine historische dritte Amtszeit gesichert und setzt seinen vor zehn Jahren begonnenen Feldzug gegen den Journalismus fort.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 179 von 180 Staaten. Hongkong steht auf Platz 140.
Mehr zur Lage der Pressefreiheit in China unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china
Mehr zur Lage der Pressefreiheit in Hongkong unter www.reporter-ohne-grenzen.de/hongkong
Reporter ohne Grenzen e.V.
Postfach 304108
10756 Berlin
Telefon: +49 (30) 60989533-0
Telefax: +49 (30) 2021510-29
http://www.reporter-ohne-grenzen.de
E-Mail: presse@reporter-ohne-grenzen.de