Deutschland, ein Mietparadies?
Die Gründe für den Abwärtstrend des bisher soliden Immobilienmarktes in Deutschland liegen größtenteils in der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Innerhalb nur eines Jahres stiegen die Bauzinsen mit einer Bindung von 10 Jahren von rund 1 Prozent auf zwischenzeitlich 4 Prozent. Das entspricht einer Vervierfachung der Kreditkosten. Eine Herausforderung für viele Haushalte und Investoren. Seit Anbeginn der Zinswende Mitte 2022 fielen die Immobilienpreise sichtbar. Im 2. Quartal 2022 war noch eine Wertsteigerung von 9,6 Prozent zu beobachten, während im 3. Quartal 2023 der gleiche Wert bei -10,2 Prozent lag. (Vgl. Abbildung 1). Sinnbildlich für die derzeitige Entwicklung stehen die Signa Holding und andere Immobilienentwickler, die aufgrund des aktuellen Umfeldes Insolvenz anmelden mussten.
Fallende Preise spielen für Investoren erst dann eine Rolle, sobald eine Immobilie verkauft werden muss. Wichtiger sind daher die Mieteinnahmen, über welche die jährliche Rendite erzielt wird. Und im Gegensatz zu den Immobilienpreisen entwickelten sich diese äußerst robust und das nicht erst seit gestern. So stieg die durchschnittliche Nettokaltmiete in Deutschland in den letzten zehn Jahren kontinuierlich (Vgl. Abbildung 2). Lediglich die für die Rendite irrelevanten Nebenkosten stiegen stark in Folge der hohen Energiepreise. Deutschlandweit belief sich die durchschnittliche Bruttokaltmiete 2022 bei 8,7 Euro je Quadratmeter. In den Großstädten belief sich dieser Wert gar auf 9,6 Euro. Betrachtet man all jene, die seit 2019 eingezogen sind, liegen die entsprechenden Werte bei 9,8 Euro und 11 Euro. Doch worauf ist die Robustheit der Mieten zurückzuführen?
Natürlich sind wir alle darauf angewiesen ein Dach über den Kopf zu haben. Doch gerade in Deutschland ist Miete statt Eigentum üblicher als anderswo. Bis auf Deutschland liegt in keinem anderen europäischen Land der Anteil derer, die Mieten bei über 50 Prozent. Aufgrund der Popularität für Mietwohnungen ist die Nachfrage und damit der Preis stabil. Zudem lohnt es sich derzeit nicht angesichts der hohen Finanzierungskosten eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen. Oft übersteigen allein die Zinskosten die monatliche Miete. Außerdem leidet Deutschland weiterhin an einem Wohnungsmangel. Laut des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA) könnten bis 2025 bis zu 700.000 Wohnungen fehlen, insbesondere in den Ballungsgebieten. Die hohen Zinsen und die gestiegenen Baukosten werden wohl daran nichts in naher Zukunft ändern.
Der deutsche Immobilienmarkt kann weiterhin auf ein solides Fundament bauen. Die derzeitige Preisentwicklung ist angesichts des zuvor jahrelangen Wachstums in gewisser Weise natürlich. Zudem finanziert ein Großteil der deutschen Haushalte langfristig. Die durchschnittliche Zinsbindungsfrist von Immobilienkrediten liegt hierzulande bei 13 Jahren. Die gestiegenen Zinsen stellen also nur für anstrebende Wohnungs- und Hauseigentümer oder risikofreudige Investoren eine Hürde dar. Schon jetzt lässt sich ein sichtbarer Abwärtstrend bei den Bauzinsen erkennen. Innerhalb weniger Monaten fielen diese um mehr als 50 Basispunkte auf heute rund 3,5 Prozent. Und vieles deutet darauf hin, dass dieser Trend weiter anhalten könnte.
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