Weltweit sterben schätzungsweise 40 Prozent aller krebskranken Kinder und Jugendlichen an ihrer Erkrankung. Eine akkurate Krebsdiagnostik und Zugang zu passenden Therapien könnte den Therapieerfolg entscheidend verbessern. Mit dem kürzlich gestarteten Programm „MNP Outreach“ wollen das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) einkommensschwachen Ländern weltweit den kostenlosen Zugang zu einer modernen Präzisionsdiagnostik ermöglichen. Unterstützt wird das Vorhaben von der Firma Illumina und von der Organisation BILD hilft e.V. „Ein Herz für Kinder“.

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).

Weltweit versterben 40 Prozent aller krebskranken Kinder an ihrer Erkrankung*. In Ländern wie Deutschland, die global zu den Spitzenreitern der Gesundheitsversorgung gehören, sind es im Vergleich dazu 20 Prozent aller krebskranken Kinder, die ihre Erkrankung nicht überleben.

„Besonders in einkommensschwachen Ländern fehlt es an Ressourcen für die Ausbildung von Experten, zum Beispiel spezialisierten Pathologen, und damit auch an einer präzisen Diagnostik, um Kinder und Jugendliche erfolgreich behandeln zu können“, betont Stefan Pfister, Direktor am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Kinderonkologe am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). „Krebserkrankungen bei Kindern sind sehr vielfältig und sprechen daher auch auf Strahlen- und Chemotherapie ganz unterschiedlich an. Die Tumoren so präzise wie möglich zu klassifizieren, ist für eine wirksame Behandlung daher ganz entscheidend“, erklärt Pfister.

Unter seiner Leitung haben die Einrichtungen KiTZ, DKFZ und UKHD nun das Konsortium „MNP Outreach“ (Global Outreach Study of Methylation Classification Tools for CNS Tumors and Sarcomas) ins Leben gerufen, das einkommensschwachen Ländern und Entwicklungsländern helfen soll, eine moderne molekulare Krebsdiagnostik für Kinder und Jugendliche in ihrem Land zu etablieren. Zu den bisherigen Partnerländern gehören Jordanien, Pakistan, Indien, Indonesien, Thailand, Chile, Argentinien, Brasilien sowie die afrikanischen Staaten Ägypten und Südafrika. Ein weiterer Partner ist Katar, das bereits einen eigenen Methylierungsanalyse-Dienst auf selbstfinanzierter Basis betreibt und beigetreten ist, um die Interpretation und Nutzung dieser molekularen Daten für Therapieentscheidungen zu optimieren.

Im Rahmen des Programms erhalten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dieser Länder seit diesem Jahr gezielte Schulungen in Heidelberg, Laborequipment und die notwendige Analyse-Software, um ein modernes, in Heidelberg entwickeltes molekulares Diagnoseverfahren nutzen zu können. Die Organisation BILD hilft e.V. „Ein Herz für Kinder“ bezuschusst zudem die Zusammenarbeit mit den Partnerländern in den kommenden fünf Jahren z.B. mit Gehältern für Ärztinnen und Ärzten und Labormitarbeiterinnen. Das Projekt wird zudem teilweise mit kostenlosen Reagenzien der Firma Illumina unterstützt, einem Unternehmen, das auf die Herstellung von Spezialgeräten für genetische Analysen spezialisiert ist.

Die Partnerländer des Konsortiums sollen damit in die Lage versetzt werden, alle Schritte der Diagnostik, von der Aufbereitung der Tumorproben bis hin zur Datenanalyse und deren Interpretation in ihren eigenen Laboren weitestgehend kostenlos für ihre jungen Patientinnen und Patienten zu etablieren. Die Kosten für weitere Verbrauchsmaterialien, zusätzliche Gehälter, Reisekosten und Schulungen werden so weit wie möglich durch das Konsortium übernommen. „Im Rahmen der Kooperationsvereinbarung erhalten unsere Partner beispielsweise auch kostenlos eine Software-Lösung für die Methylierungsanalysen, die das Heidelberger Team im akademischen Umfeld selbst entwickelt hat“, erklärt Olfat Ahmad, Projektkoordinatorin des Konsortiums am KiTZ und Wissenschaftlerin am King Hussein Cancer Center (KHCC) in Amman, Jordanien. „Ich freue mich sehr, in der arabischen Welt gemeinsam mit Kooperationspartnern aus Asien, Afrika und Südamerika eine moderne Krebsdiagnostik zu etablieren, damit so viele Kinder und Jugendliche wie möglich von dieser neuen Technologie profitieren können.“

Bei dem speziellen Diagnoseverfahren handelt es sich um eine neue KI-gestützte Methode, die das Team um die Wissenschaftler David Jones, Felix Sahm, Andreas von Deimling und Stefan Pfister vom KiTZ, DKFZ und UKHD erstmals im Jahr 2018 im Fachmagazin Nature veröffentlichte und weltweit zugänglich machte. Der auf der Webseite „Molecular Neuropathology“ zugängliche Algorithmus wertet sogenannte DNA-Methylierungen im Erbgut des Tumors aus. Dadurch lassen sich die Tumoren sehr gut unterscheiden und damit auch sehr zuverlässig klassifizieren. Methylierungsmuster haben inzwischen auch breiten Eingang in die Klassifikationen kindlicher Tumoren der Weltgesundheitsorganisation WHO gefunden. Seit dem Onlinegang wurden mehr als 120.000 Tumorprofile von Patienten aus über 40 Ländern durch „Molecular Neuropathology“ für Forschungszwecke analysiert. Mit der entsprechenden Software können die Partnerländer den Algorithmus jetzt direkt vor Ort auch für Therapieentscheidungen nutzen.

„Durch Methylierungsanalysen können Therapieentscheidungen erheblich verbessert werden, damit mehr Kinder und Jugendliche ihre Krebserkrankung überleben. Wir sehen in dem Programm einen ganz wichtigen Schritt, damit krebskranke Kinder auf der ganzen Welt die gleichen Chancen auf Heilung haben“, sagt Stefan Pfister.

* IARC: https://www.iarc.who.int/featured-news/iccd-2022/

Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine kinderonkologische Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Wie das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, das sich auf Erwachsenenonkologie konzentriert, orientiert sich das KiTZ in Art und Aufbau am US-amerikanischen Vorbild der so genannten "Comprehensive Cancer Centers" (CCC). Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen – von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Krebskranke Kinder, gerade auch diejenigen, für die keine etablierten Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, bekommen im KiTZ einen individuellen Therapieplan, den Experten verschiedener Disziplinen in Tumorkonferenzen gemeinsam erstellen. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt.

Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.

Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum-heidelberg.de

Über Deutsches Krebsforschungszentrum

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)

Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 7 Standorte)

Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg

Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ

DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim

Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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