Wer Beispiele für familiengeführte Betriebe sucht, der findet sie im Handwerk. Heute mag die Übergabe innerhalb der Familie zwar nicht mehr so selbstverständlich sein, wie noch ein, zwei Generationen zuvor, so die Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, doch Beispiele sind weiterhin zu finden. Wie die GravurManufaktur Werré in Mannheim. Seit vier Generationen leitet eine Familie die Geschicke. Auch im 110. Jahr des Bestehens noch. Ein Besuch zum Jubiläum:

Die antike gusseiserne Kasse, die stolz auf dem Tresen im Verkaufsraum der GravurManufaktur Peter Werré in Mannheim thront, fällt sofort ins Auge. Sie datiert um 1895. Und sie war die erste Kasse, über die das Familienunternehmen seine Einnahmen verbuchte. Damals hieß es noch Gravier- und Prägeanstalt und befand sich in F 3, 17. Heute, genau 110 Jahre später, hat das eindrucksvolle Schmuckstück mit den aufwendig verschnörkelten Wänden immer noch seinen Platz, wenngleich es längst schon ausgedient hat. Gerade im Jubiläumsjahr erinnert es an die Anfänge und ist ein Symbol für all das Stilvolle und Schöne, das im Graveurhandwerk zur Umsetzung kommt.

Vieles hat sich in 110 Jahren Firmengeschichte verändert. Die Adresse zum Beispiel: Seit 1956 befindet sich der Handwerksbetrieb im Zentrum der Mannheimer Quadrate in E 3, 7. Anderes ist gleichgeblieben. Immer schon waren es Meister, die das Unternehmen führten. Sie alle kamen aus einer Familie. Vier Generationen sind es bis heute – die GravurManufaktur hat damit eine lückenlose Geschichte als echter Familienbetrieb. Vier Meisterurkunden aus vier verschiedenen Dekaden, die über den eleganten Vitrinen des kleinen Ladenraumes hängen, belegen Kompetenz und Handwerkskunst seit über einem Jahrhundert.

Ein Meisterbetrieb seit Jahr und Tag

Die erste, von Gründer Peter Werré, stammt aus dem Jahr 1926, die zweite, von Sohn Heinz-Peter, aus dem Jahr 1954. Dessen Tochter Christiane Werré, die heute gemeinsam mit ihrem Sohn Daniel das Geschäft führt, ist seit 1997 Meisterin. Dass der Jüngste, und Vertreter der vierten Generation, eigentlich gar keinen Meisterbrief mehr für die Selbständigkeit in seinem Beruf gebraucht hätte, hielt ihn nicht ab: Daniel Werré reihte sich 2016 in die Urkundenlinie ein – dem Umstand zum Trotz, dass das Graveur-Handwerk seit der Abschaffung der Meisterpflicht 2004 auch heute noch in der Anlage B1 als zulassungsfreies Handwerk gelistet ist. „Auf unserem Schild steht schließlich Meisterbetrieb“, scherzt der Graveur, wenngleich es wohl nichts Leichteres für ihn gäbe, als ein neues anzufertigen. Aber der Ausdruck von Qualität, der mit dem Titel verbunden ist, soll bleiben. Das ist auch Christiane Werré wichtig. „Viele Menschen wissen gar nicht, dass das Gravieren ein Handwerk ist“, sagt sie. „Uns liegt viel daran, auf dieses Handwerkliche hinzuweisen. Auf die Qualität unserer Arbeit, das Schöne und Langlebige, das über Generationen hinweg mit individueller Zeichnung erhalten bleibt.“

Zu Zeiten von Poststempeln und Emaille-Schildern

Über die Jahre hat sich das Handwerk aus seinen traditionellen Ursprüngen heraus weiterentwickelt und bietet interessante Entfaltungsmöglichkeiten. Für Firmengründer Peter Werré waren noch Schilder und Stempel das Hauptfeld seiner Arbeit. Eine Messingtafel im heutigen Laden erinnert daran: „Anfertigung von Formen, Matrizen, Walzengravuren, Schablonen, Email- und Messingschilder, Behörden, Post- und Bahnstempel“, ist darauf zu lesen. In den 70er-Jahren standen Drucksachen hoch im Kurs. Das Angebot ist mittlerweile ganz verschwunden. Stattdessen gibt es heute einen Premium-Online-Shop, den Christiane Werré mit ausgesuchten, hochwertigen Silberwaren, made in Germany, bestückt und auf Wunsch mit entsprechender Gravur weiter veredelt. „Hier bieten wir Schönes und Wertiges für besondere Anlässe“, so die Meisterin. 

Sie selbst hat das Gravieren mit der Hand noch in der Ausbildung und vom Vater gelernt. Heute wendet sie es hauptsächlich bei Schmuckstücken an. Graveurmeister Daniel Werré ist Experte für Schilder, die immer noch vielfach von Praxen, Kanzleien und Behörden nachgefragt werden, und bedient die eindrucksvollen Maschinen in der Werkstatt. Moderne Technik ist mit computergesteuerten Graviermaschinen längst eingezogen. Das Arbeiten mit dem Laser gehört zum Standard. Doch auch die schweren gusseisernen Graviermaschinen, mit denen Schrifttype für Schrifttype noch manuell nachgefahren und auf das gewünschte Objekt übertragen wird, sind weiterhin im Einsatz. „Wir können auch ganz ohne Strom“, sagt Daniel Werré. „Heute macht es einfach die Kombination.“

Hübsch gravieren lässt sich praktisch jedes Material

Und das in jeder Hinsicht. Ob in der Breite des Angebots vom Onlineshop bis zur klassischen, handgeführten Gravur oder in der Vielfalt der Möglichkeiten, die das Bearbeiten verschiedenster Materialien von Metallen über Glas und Kunststoffe bis hin zu Holz abdeckt. In den Räumen der GravurManufaktur begegnen sich Tradition und Moderne. Da gibt es noch den alten Setzkasten, aus dessen prall bestückten Schubladen sich Christiane und Daniel Werré noch immer die Schriftplatten für ihre Gravuren holen. So wie es schon zu Zeiten war, als in der Werkstatt noch Angestellte umherwuselten und sich abends die Schriftsetzer ans Werk machten. Heute sind es Mutter und Sohn alleine, die ein altes Handwerk pflegen und in neue Zeiten führen – in der GravurManufaktur Werré, nach eigenen Angaben dem „ältesten Graveurbetrieb in der gesamten Metropol-Region Rhein-Neckar“. 110 Jahre alt. Und seit vier Generationen in Familienhand. 

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