In der aktuellen Debatte um eine Mobilitätswende im Saarland fordert die IHK mehr Realismus und warnt vor ideologiegetriebenem Zwang. „Die Saarwirtschaft bekennt sich ausdrücklich zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Sie investiert bereits in erheblichem Maße in Umwelt- und Ressourcenschutz. Doch Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe und kann nur gelingen, wenn er von einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung getragen wird. Dies gelingt aber gewiss nicht, wenn den privaten Autofahrern mit neuen Gebühren und Abgaben gedroht wird“, kritisiert IHK-Geschäftsführer Dr. Carsten Meier die Pläne von Ministerin Petra Berg, den Autoverkehr im Saarland auf 40 Prozent am Gesamtverkehrsaufkommen zu reduzieren und die Nutzerzahlen im ÖPNV zu verdoppeln.
Viele Menschen seien hier auf ihr Auto angewiesen, ob Beschäftigte, Konsumenten oder Touristen. „Wer im traditionellen Auto- und Einpendlerland Saarland mehr Menschen für den ÖPNV gewinnen will, muss ihnen ein attraktives Angebot unterbreiten. Doch dieses Angebot besteht aus der Sicht vieler Menschen im Saarland offenkundig nicht. Individuelle Mobilität zu verteufeln, hilft also nicht weiter“, betont Meier und fügt hinzu: „Die Akzeptanz klimapolitischer Maßnahmen lässt sich etwa dadurch steigern, dass der öffentliche Sektor mit gutem Beispiel vorangeht und seinen Fuhrpark auf alternative Antriebe oder Kraftstoffe umstellt. Hier besteht im Saarland erheblicher Nachholbedarf.“

Die IHK verweist zudem darauf, dass die moderne Arbeitswelt ein hohes Maß an zeitlicher und örtlicher Flexibilität voraussetzt. Daher wird das Auto für die überwiegende Zahl der Menschen im Saarland auch in Zukunft wichtig sein. Es muss die individuelle Entscheidung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben, wie sie ihren Arbeitsplatz am besten erreichen. Rund die Hälfte von ihnen wohnt im ländlichen Raum oder pendelt täglich in das Saarland ein.

Erheblicher Fachkräftemangel im Verkehrsgewerbe

Die IHK weist ferner darauf hin, dass saarlandweit bereits heute Hunderte Berufskraftfahrer fehlen, sodass die von der Landespolitik gesetzte Zielvorgabe einer Verdoppelung der Zahl der Fahrgäste im ÖPNV höchst unrealistisch ist. „Dieser Fahrermangel wird sich angesichts des demografischen Wandels in den nächsten Jahren weiter zuspitzen. Er lässt sich auch nicht mit höheren Zuschüssen beseitigen“, so Meier.

Mangelnde Planungskapazitäten und Bürokratie erschweren Ausbauziele

Für einen substanziellen Anstieg des Radverkehrs im Saarland von derzeit mageren zwei Prozent am Gesamtverkehrsaufkommen müsste das Radwegenetz deutlich ausgebaut werden. „Doch in den kommunalen Verwaltungen sind für den Radwegebau nur bedingt Planungskapazitäten vorhanden. Damit ist bereits absehbar, dass die gesteckten Ziele nicht erreicht werden können“, sagt Meier. Erheblicher Fachkräftemangel in der Verwaltung und hohe bürokratische Hemmnisse beim Fördermittelabruf verhindern zudem, dass die vorhandenen Mittel zum Ausbau des Radwegenetzes konsequent genutzt werden können.

Innenstädte müssen für alle Menschen erreichbar bleiben

Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Erreichbarkeit der Innenstädte im Saarland für alle Menschen aus der Region – auch und gerade für Gäste und Konsumenten aus Frankreich und Luxemburg – sichergestellt bleiben muss. „Unsere Händler und Gastronomen stehen unter einem erheblichen Anpassungsdruck. Diese Branchen, in denen im Saarland mehr als 70.000 Menschen arbeiten, sind heute wie in Zukunft auf jeden Kunden angewiesen. Die Politik muss daher immer die Erreichbarkeit der Innenstädte im Fokus haben und sollte keine Barrieren aufbauen“, sagt Meier.

Die IHK fordert daher bei der Umsetzung der Maßnahmen für mehr Klimaschutz weniger Drohungen und Zwang und stattdessen mehr Dialogbereitschaft auf Augenhöhe und mehr Anreize zum Mitmachen.

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