Die Gleichstellung der Geschlechter hat in vielen Bereichen große Fortschritte gemacht, doch bei der Bezahlung hinkt die Realität immer noch hinterher. Zwar heißt es im Grundgesetz eindeutig: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Doch der sogenannte Gender Pay Gap – die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern – bleibt hartnäckig bestehen. ARAG Experten beleuchten dieses Problem und die Hindernisse, die auf dem Weg zur gleichen Bezahlung noch aus dem Weg geräumt werden müssen, anlässlich des „Internationalen Tags für gleiches Entgelt“ am 18. September.

Was ist der Gender Pay Gap?
Der englische Begriff bezeichnet den Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen auf den Stundenlohn gesehen. Unterschieden werden der bereinigte und der unbereinigte Gender Pay Gap. Letzterer zeigt die Differenz zwischen den Bruttostundenlöhnen der Geschlechter in Prozent und bezieht sich dabei auf den Verdienst der Männer. In Deutschland liegt dieser laut ARAG Experten aktuell bei  18 Prozent  , was bedeutet, dass Frauen durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen. Der bereinigte Gender Pay Gap, der lediglich sechs Prozent beträgt, rechnet hingegen auch strukturelle Unterschiede heraus. Dort finden der Beruf selbst, die Position, die Branche sowie der Beschäftigungsumfang Berücksichtigung. Geht es um Gleichberechtigung, wird aber üblicherweise der unbereinigte Wert herangezogen, denn auch die Tatsache, dass Männer häufiger in höheren Positionen zu finden sind und Frauen durch ihre Mutterrolle oft nur in Teilzeit arbeiten können, ist eine klassische Ungerechtigkeit innerhalb des Arbeitsmarktes und soll sich in der Zahl zeigen.

Eine erweiterte Verdienstungleichheit wird mit dem Indikator „Gender Gap Arbeitsmarkt“ betrachtet. Hier zählt nicht nur die Verdienstlücke, sondern er misst zusätzlich die Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung (Gender Employment Gap) oder in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit von Frauen und Männern (Gender Hours Gap). Und das Ergebnis ist laut ARAG Experten ernüchternd: Danach sind Frauen am Arbeitsmarkt mit  39 Prozent  gleich dreifach benachteiligt.

Weltweite Aufmerksamkeit für das Problem
Seit 2020 machen die Vereinten Nationen mit dem „Internationalen Tag für gleiches Entgelt“ am 18. September auf die immer noch vorhandenen Ungleichheiten aufmerksam. Der Aktionstag soll nicht nur das Bewusstsein für das Problem schärfen, sondern auch konkrete Maßnahmen anstoßen. Tatsächlich gibt es Länder, die laut  Statistischem Bundesamt  hier deutliche Fortschritte verzeichnen: Italien, Rumänien oder Belgien gehören zu den Staaten, die den Gender Pay Gap deutlich reduzieren konnten. In Luxemburg verdienen Frauen sogar seit 2022 minimal mehr als Männer – wenn auch nur um 0,7 Prozent. Diese Beispiele zeigen, dass Fortschritt möglich ist.
Auch ein anderer Tag macht auf die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen aufmerksam: Der „Europäische Equal Pay Day“. Er wird jährlich an dem Datum begangen, an dem Frauen bei gleicher Vergütung keinen Lohn mehr bekämen. Im vergangenen Jahr lag dieser Tag auf dem 15. November, womit Frauen innerhalb der Europäischen Union (EU) in den letzten sieben Wochen des Jahres ihre Tätigkeit kostenlos verrichten.

Deutschland: Noch weit von der Spitze entfernt
Deutschland reiht sich laut der ARAG Experten innerhalb Europas in die Schlusslichter ein. Tatsächlich bekleiden wir den viertschlechtesten Platz unter den EU-Mitgliedsstaaten. Damit gehört Deutschland zu den Nationen, in denen Frauen besonders schlecht abschneiden, wenn es um ihre Arbeit und deren Bezahlung geht.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Trotz aller Gesetze und Bemühungen ist es auch hierzulande noch gang und gäbe, dass Frauen auch dann weniger Geld erhalten, wenn sie die gleiche Arbeit verrichten wie Männer. Und das, obwohl ihre Qualifikationen, ihr Bildungsweg und ihr Lebenslauf dem des männlichen Kollegen entsprechen. Dabei muss für gleiche oder gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern gleiches Entgelt bezahlt werden – das sagt auch das Entgeltgleichheitsgebot, das Teil des  Entgelttransparenzgesetzes  (EntgTranspG) ist. Dieses trat laut ARAG Experten 2017 in Kraft und verbietet klar die Lohndiskriminierung einzig aufgrund des Geschlechts. Daher fällt das Thema Gehaltsstruktur auch in das Ressort der  Antidiskrimierungsstelle des Bundes . Nachgeschärft wurde das Gesetz übrigens 2023 durch eine neu geschaffene  EU-Richtlinie  . Sie will durch noch mehr Transparenz nicht nur gegen die unterschiedliche Entlohnung vorgehen, sondern auch die Benachteiligung eines bestimmten Geschlechts eindämmen.

Gerichte stärken die Rechte der Frauen
Immer mehr Frauen kämpfen inzwischen vor Gericht für gleiche Bezahlung – und haben Erfolg. Ein aktuelles Beispiel ist der Fall einer Außendienstmitarbeiterin, die über Jahre hinweg weniger verdiente als ihr männlicher Kollege. Nach einem langen Rechtsstreit entschied das Bundesarbeitsgericht zu ihren Gunsten und die Richter sprachen ihr neben ihrer Forderung von 14.500 Euro zusätzlich eine Entschädigung von 2.000 Euro zu (Az.: 8 AZR 450/21). Beide Vorinstanzen, darunter das Sächsische Landesarbeitsgericht, hatten die Klage laut ARAG Experten mit der Begründung abgewiesen, der andere Mitarbeiter hätte einfach besser verhandelt.

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