Die Qualifikationsrunden sowie das Semifinale werden ab 23. September im historischen Gewehrhaus auf Schloss Weikersheim ausgetragen, während der Liederabend am 26. September und das Galakonzert mit Finalrunde am 28. September in der Tauberphilharmonie in Weikersheim stattfinden.
Kein verbissen geführter Wettkampf
DEBUT hat sich im Reigen renommierter Gesangswettbewerbe einen besonderen Ruf erarbeitet. Es wird alles getan, um eine Atmosphäre des gegenseitigen Respekts und der Unterstützung zu schaffen, in der die Teilnehmer einander den Erfolg von Herzen wünschen, anstatt sich in einem verbissen geführten Wettkampf messen zu wollen. Daran hat auch die von der Jeunesses Musicales Deutschland geführte Musikakademie Schloss Weikersheim ihren Anteil, die mit dem Logierhaus für ein „Zuhause auf Zeit“ wirbt.
Clarry Bartha, künstlerische Leiterin von DEBUT und Moderatorin der Matinée, sah in ihrer Begrüßung „Emotionen, Visionen und Innovationen“ im Fokus des Gesangs. Mit dem Bariton Konstantin Krimmel, Preisträger bei Opus Klassik 2024 und als „Sänger des Jahres“ für seine Interpretation von Franz Schuberts „Die schöne Müllerin“ mit dem Pianisten Daniel Heide ausgezeichnet, konnte sie ein „Traum Duo“ des Liedgesangs willkommen heißen.
Kosmos an Gefühlswelten
Ob mit Franz Schuberts Vertonung es Hölderlin-Gedichts „An den Mond“ oder Robert Schumanns einprägsamer Gruselballade „Belsazar“ von Heinrich Heine: Das Duo berührte die Zuhörer mit reichen farblichen Schattierungen einer fließenden und klaren Baritonstimme sowie einer souveränen Klavierbegleitung von Daniel Heide, die den Gesang einfühlsam akzentuierte. Krimmel entfaltete mit seinem lyrischen Bariton zum krönenden Abschluss der Matinée einen ganzen Kosmos an Gefühlswelten, als er Carl Loewes altschottische Ballade „Archibald Douglas“ von Theodor Fontane vortrug. Ausdrucksstark und emotional packend wurden die inneren Konflikte des von König Jakob V. verbannten Ritters Archibald besungen, der so nachdrücklich seine Loyalität zum König und die Liebe zur schottischen Heimat bekräftigt, dass sich der Herrscher zumindest in der Ballade versöhnlich zeigt.
Brücke zur Moderne
Clarry Bartha eröffnete die Gesprächsrunde mit dem 1989 in Kiew geborenen Komponisten Adrian Mocanu, der für den
Gesangswettbewerb das zeitgenössische Pflichtstück „…y mis tristes ojos ciegan, hechos río“ komponierte. Mocanu meinte, dass heute die Musik der Renaissance von der Iberischen Halbinsel eher unterrepräsentiert sei. Ausgehend davon wolle er eine Brücke zur Moderne schlagen. Ausdrücklich begrüßte er Barthas Anforderung, für DEBUT ein Stück zu schreiben, das für das Singen geeignet ist und nicht experimentelle Klänge oder Geräusche in den Mittelpunkt rückt. Er liebe alle Facetten der menschlichen Stimme und komponiere besonders gerne Musik für Sänger.
Konstantin Krimmel meinte, mit dem Lied habe er den großen Vorteil, „dass ich ins kleinste und leiseste Piano gehen kann.“ Bei der Oper mit einem Orchester müsse er mit der Stimme „einen etwas voluminöseren Ansatz“ haben. Manche Stimmen hätten von Natur aus einen besseren Zugang zum Lied.
Paul McNamara, Tenor und Künstlerischer Leiter der Dutch National Opera Academy, wurde befragt, nach welchen Kriterien er Sängerinnen und Sänger für das Opernstudio auswähle. Es gebe viele tolle Stimmen mit guter Technik, doch spüre man oft den fehlenden Willen und die Fähigkeit, etwas kommunizieren zu wollen: „Darauf schauen wir beim Vorsingen und natürlich auch auf das Potenzial zur Entwicklung der Stimme.“
50 Prozent Interesse zu wenig
Zur Sicht eines Intendanten auf den Gesang meinte Bernd Loebe, Geschäftsführer und Intendant der Oper Frankfurt am Main: „Die Entwicklung des Gesangs kann man nicht völlig losgelöst von unserer Gesellschaft sehen. Wir sind ja in der Krise.“ Mit Sorge sehe er den wirtschaftlichen Niedergang des Mittelstandes und die Mittelkürzungen im Theatersektor. Loebe erwähnte die Wünsche nach Teilzeitbeschäftigungen in der Werkstatt und anderen Bereichen, kritisierte das Modewort „Work-Life-Balance“ und meinte provokant: „Man kommt dann auch mit 50 Prozent Interesse in ein Haus. Wir müssen alle mehr arbeiten wollen.“ Dann hatte er noch eine Empfehlung für die Studierenden parat, nicht bis zehn Uhr zu warten, um dann festzustellen, „dass alle Stimmzimmer seit acht Uhr durch Koreaner besetzt sind.“
Fachgerechte Partien
Clarry Bartha kam auf die unglaublich große Konkurrenz im Sängerbereich zu sprechen, woraufhin Enrico Calesso, Generalmusikdirektor des Mainfranken Theaters und Musikdirektor des Teatro Giuseppe Verdi in Triest, sich über den passenden Soundtrack aus Carmen „Auf in den Kampf, Torero“ amüsierte, der deutlich vernehmbar aus einem Handy im Publikum ertönte: „Ich möchte betonen, dass es mir sehr leidtut, dieses Jahr nicht das Galakonzert dirigieren zu können.“ Mit zwei Premieren zeitgleich an zwei Häusern werde es schwierig. Zumal die Vorbereitung auf den Wettbewerb sehr intensiv sei. Er sehe aber das Konzert bei seinem hervorragenden Würzburger Konzertmeister Gábor Hontvári in besten Händen. Die von Clarry Bartha angesprochenen Überforderung von Stimmen bestätigte Calesso: „Ich kenne Sänger, die vor Jahren bis zu 70 Vorstellungen in einer Spielzeit gesungen haben.“ Er habe immer versucht, darauf zu achten, dass sich die Sängerinnen und Sänger „nicht selbst vergessen.“ Man müsse den Mut haben, zu sagen „nein, diese Partie singst du nicht.“ Nicht nur einmal habe er erlebt, dass man sich Jahre später ausdrücklich bei ihm dafür bedankt habe. Deshalb sei eine Planung mit fachgerechten Partien das Gebot der Stunde: „Dies richtig einzuschätzen, sei nicht immer einfach.“ Sich einen Monat konsequent auf eine Partie vorzubereiten, sei im Repertoire-System an deutschen Theatern nicht einfach.
Zur Macht der Kritiker
Zur Frage, ob man mit einer kritischen Rezension eine Sängerkarriere zerstören kann, hatte Journalist Uwe Friedrich eine klare Meinung: „Diese Macht habe ich überhaupt nicht.“ Natürlich würden schlechte Kritiken Sänger, Schauspieler und Regisseure betroffen machen. Es komme aber immer auf den Ton an. Nach seiner Erfahrung würden Verrisse eher von Intendanten und Agenten wahrgenommen: „Ich möchte aber betonen, dass sich die Kritik nicht in erster Linie an die Künstler, sondern an das Publikum richtet. Wir haben ja die Aufgabe, ein ästhetisches Urteil zu fällen.“ Friedrich betonte, dass auch der Kritiker dabei den gesellschaftlichen Strömungen seiner Zeit unterworfen ist.
Keine Überforderung der Stimmen
Bernd Künzig, Opernredakteur bei SWR2, brachte in die Gesprächsrunde die Sichtweise ein, dass in der Vokalmusik Stimmen wie Instrumente gehandhabt werden. Überhaupt nicht einverstanden zeigte er sich mit der gängigen Behauptung, dass zeitgenössische Musik die Stimmen kaputtmache: „Dies ist nur eine Frage der Technik.“ Er sah aber eine Überforderung der Stimmen, wenn das Publikum glaube, es müsse live auf der Bühne so klingen, wie auf einer entsprechend gesteuerten Studioaufnahme. Die viel zitierte Krise der Gesangskunst habe viel mit der medialen Verbreitung der Aufnahmen zu tun.
Die von Bernd Künzig sehr gelobte Textverständlichkeit seines Gesangs kommentierte Konstantin Krimmel mit einem Satz, der neben der natürlichen Begabung – die Bedeutung der Ausbildung treffend zusammenfasste: „Wie finde ich den Lehrer oder die Lehrerin, die mir zeigen, wie ich mein Instrument so gut ausbauen kann, dass ich in jeder Lage gut und gesund singen und gleichzeitig deutlich sprechen kann?“ Selbst heute sei es für ihn noch wichtig, Rückmeldungen von Personen zu bekommen, denen er vertraut: „Ich weiß nie zu 100 Prozent, wie meine Stimme außerhalb von mir selbst klingt.“
Einen positiven Aspekt der Corona-Zeit erwähnte der Pianist Daniel Heide zum Abschluss der Gesprächsrunde. Dem Pianisten reiche bekanntlich ein Zimmer mit Flügel und deshalb habe er in dieser Zeit nach dem Motto „back to the roots“ Klavierstücke einstudiert, zu denen er sonst keine Zeit gehabt hätte. Ein schönes Geschenk an die Zuhörer war dann seine Beschreibung der „Ausnahmebegabung“ eines Konstantin Krimmel, der intuitiv und bewusst ein paar Dinge mache, die „magische skills“ seien: „Nicht zu dem Publikum hin zu singen, sondern es zu sich kommen zu lassen, bei sich zu bleiben und in der Lage zu sein, im Pianissimo den Präsenzknopf höher zu drehen.“
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