„Der Kühlschrank könnte selbst über seine Umweltförderung Auskunft geben“
Frage: Predictive Analytics, Plattformlösungen, Netzwerke: Die technischen Themen der Förderbanken ähneln denen der Geschäftsbanken. Dabei spielen Förderinstitute zunächst doch eine andere Rolle und haben einen politischen Auftrag. Was erklärt die Parallelen?
Runte: Förderbanken haben genau wie Geschäftsbanken ein Interesse daran, dass ihr Angebot die Menschen erreicht. Fördermittel gibt es ja aus guten Gründen und mit genauen Zielen. Dank der vielfältigen informationstechnischen Neuerungen, die wir unter „Digitalisierung“ zusammenfassen, ist eine Geschäftsstelle mit Öffnungszeiten von 9-16 Uhr nicht mehr der einzige Weg, um die Leistungen einer (Förder)Bank anzubieten. Entsprechend sind auch die technologischen Themen, die neue Möglichkeiten an Servicequalität, Erreichbarkeit und Kundenkreiserweiterung versprechen, die gleichen. Das gilt im Übrigen auch für andere Finanzdienstleistungen, denken wir an Versicherungen.
Sie haben 2017 ein White Paper zur Digitalisierung von Förderbanken verfasst. Gibt es etwas, dass Sie an diesem Zukunftsbild für 2030 überrascht hat?
Ich finde den Aspekt interessant, dass Predictive Analytics den Bedarf von Fördernehmern besser erkennen lassen wird. Die Bedarfssicht liegt nicht unmittelbar auf der Hand, denn Fördermittel haben ja auch eine steuernde Funktion – denken wir an Umweltschutz, Energieeffizienz oder Unternehmensgründung. Dabei geht es also um das gesellschaftspolitische Ziel und zunächst weniger darum, was sich ein Fördernehmer wünscht. Predictive Analytics könnte jedoch Aufschluss über Bedürfnisse bei der Abwicklung der Finanzierungen geben, beispielsweise zu Laufzeiten oder zum Erkennen eventueller Hürden. Wobei bereits heute Optionen bestehen, näher an den Fördernehmer heranzukommen und auch Förderung „konsumierbarer“ zu machen.
Was verstehen Sie unter „konsumierbarer“ Förderung?
Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich einen neuen Kühlschrank kaufen und im Elektrofachgeschäft vor Ort oder im Online-Shop wird Ihnen direkt am Gerät angezeigt, welche Umweltförderung jeweils möglich ist. Sie entscheiden sich für ein umweltfreundliches Gerät auch wegen einer Förderung und beantragen diese direkt im Kaufprozess – eventuell neben der Kauffinanzierung bei einer Geschäftsbank – mit. In diesem Beispiel wäre die Förderung direkt am Point-of-Sale sichtbar, sie würde ihre steuernde Wirkung unmittelbar entfalten und wäre komfortabel in der Abwicklung. Solche vertikalen Plattformen sind auch heute schon technisch umsetzbar und eine derartige Point-of-Sale-Strategie auf viele Bereiche übertragbar, etwa beim Hausbau oder der Existenzgründung.
Dieses Szenario klingt reichlich modern und weit entfernt von Förderanträgen, Antragsprüfung und allen bürokratischen Schritten, die man mit Förderungen und ihren Institutionen assoziiert.
Aber es ist keinesfalls unrealistisch, sondern sogar mit bereits bestehenden Technologien erreichbar. Förderinstitute haben eine starke Motivation, zeitgemäße Services anzubieten. Die gesellschaftlichen Aufgaben für Förderung werden ja nicht weniger, denken wir aktuell an den Breitbandausbau, Integration von Geflüchteten oder immer wieder die Herausforderung Umweltschutz. Das Zukunftsbild, das die Trendanalyse von den Förderbanken in 2030 zeichnet, scheint mir plausibel. Die Veröffentlichung macht außerdem an vielen Aspekten deutlich, dass dieses Zukunftsbild ein technologiegetriebenes ist – wie in eigentlich allen Branchen derzeit. Entsprechend sind dafür vor allem technologisch-strategische Entscheidungen nötig und alle spüren, dass diese jetzt gefällt werden müssen.
Die Studie ist seit dem 27. März 2019 auf den Webseiten von IKOR und 2bAHEAD abrufbar.
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