Auf Einladung der Civil Liberties Union for Europe (Liberties.eu) haben zehn Menschenrechts- und Digitalrechtsorganisationen in sieben EU-Ländern die Datenschutzbehörden in ihren Ländern aufgefordert[1], Verstöße gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch Smartphone-Apps wie z. B. Grindr, Tinder und OkCupid zu untersuchen. In Deutschland appellieren die Digitale Gesellschaft, Digitalcourage, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz und das Netzwerk Datenschutzexpertise an die Datenschutzaufsichtsbehörden, auf der Grundlage einer umfassenden Analyse[2] mit dem Titel „Out of Control“ (Außer Kontrolle) gegen App-Betreiber vorzugehen, die ohne wirksame Einwilligung der Nutzenden hochsensible Daten erheben und für Werbezwecke nutzen. An der Kampagne sind weitere Nicht-Regierungsorganisationen aus Kroatien, Italien, Ungarn, Slowenien, Spanien und Schweden beteiligt. Die Analyse wurde vom Norwegischen Verbraucherrat (Norwegian Consumer Council – NCC) und der österreichischen Organisation für digitale Rechte noyb durchgeführt[3].

Die in der Analyse untersuchten Mobil-Apps, darunter Dating- und Menstruationszyklus-Apps, leiten die sensiblen Informationen ihrer Nutzerinnen und Nutzer über deren genauen Standort, sexuelle Orientierung, religiöse und politische Überzeugungen und viele weitere persönliche Informationen an zahlreiche Drittfirmen in einem intransparenten Werbetechnologie-Ökosystem weiter. So verteilt die weltweit verbreitete Dating-App Grindr[4] die Nutzungsdaten, etwa auch die aktuellen Lokalisierungsangaben, an mehr als ein Dutzend weiterer Unternehmen. Die Dating-App OkCupid listet über 300 Werbe- und Analyse-„Partner“.

Friedemann Ebelt von Digitalcourage: „Smartphone-Nutzer haben regelmäßig keine Chance, sich vor den Folgen der Datenausbeutung und der massiven kommerziellen Überwachung zu schützen. Diese Folgen können für den Einzelnen gravierend sein bis hin zu einer Gefährdung von Leib und Leben. Die hochsensitiven Persönlichkeitsprofile haben das Potenzial, die privaten Freiheiten in unserer Gesellschaft zu untergraben“.

Elke Steven von der Digitalen Gesellschaft: „Die Daten der App-Nutzenden werden unter Verletzung der Regeln der Datenschutz-Grundverordnung verarbeitet. Die eingeholten Zustimmungen zur Auswertung sind absolut intransparent und verstoßen zudem gegen nationales und europäisches Verbraucherrecht.“

Frank Spaeing, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz: „Die europäischen Datenschutzbehörden müssen dringend schneller und effektiver zusammenarbeiten, um den täglich millionenfach stattfindenden Rechtsbruch zu ahnden und zu beenden. Dafür müssen sie besser als bisher ausgestattet werden.“

Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschutzexpertise: „Der augenblickliche Zustand ist nur schwer zu ertragen: Kleinere Verstöße werden derzeit schon wirksam verfolgt. Doch bei den oft dramatischen Verletzungen des Datenschutzes durch internationale Internet-Unternehmen muss sich die Wirksamkeit der DSGVO erst noch erweisen. In dieser Auseinandersetzung gegen die Daten-Goliaths benötigen die Aufsichtsbehörden die Unterstützung der Öffentlichkeit, der Verbraucherschützer und der Politik.“

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Kampagne #StopSpyingOnUs[5].

Detaillierte Informationen zum Real Time Bidding, welches in der Analyse „Out of Control“ eine Rolle spielt, können Sie dem DANA-Sonderheft 3/2019[6] entnehmen.

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