Bund und Länder beraten heute über eine mögliche schrittweise Lockerung der Corona-Maßnahmen.

Dazu erklärt Diakonie Präsident Ulrich Lilie: "Augenmaß und die richtige Reihenfolge sind jetzt entscheidend. Bevor die Debatte über Lockerungen der Corona-Maßnahmen geführt wird, müssen wir zunächst darüber sprechen, dass immer noch nicht ausreichend und angemessene Schutzkleidung nicht nur für die Mitarbeitenden in der ambulanten und stationären Pflege zur Verfügung steht, auch besteht ein Mangel an Desinfektionsmittel und schnelle Testmöglichkeiten fehlen auch. Wir sind verpflichtet, die besonders gefährdeten Gruppen, sehr alte und mehrfach erkrankte Menschen, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen. In unseren Einrichtungen sehen wir, trotz der vielen Vorsichtsmaßnahmen, dass sich weiterhin Menschen mit dem Virus infizieren und wie schwer die Erkrankung bis zum Todesfall verlaufen kann.

Es ist nachvollziehbar, dass sich viele so schnell wie möglich eine Rückkehr in den Alltag wünschen. Wir müssen die besonders gefährdeten Gruppen schützen, und dazu gehört auch, dass wir auch deren Freiheitsrechte im Blick haben. Es muss mittelfristig ein Weg aufgezeigt werden, wie wir in einer angemessenen Balance zwischen Freiheits- und Schutzrechten wieder zu einem gesellschaftlichen und sozialen Leben zurückkehren können. Deutschland verfügt über ein gutes Gesundheitssystem, über ausreichend Intensivbetten und die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie zeigen erste Erfolge. Wir dürfen dies jetzt aber nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Eine zu frühe oder zu umfassende Lockerung der bisherigen Maßnahmen könnte alles gefährden. Wir müssen uns darauf einstellen, noch eine Weile mit diesen für uns alle belastenden Einschränkungen zu leben. Das erfordert die Rücksichtnahme und die Solidarität aller.

Und Rücksicht und Solidarität schließen ausdrücklich auch eine schnelle Aufnahme von Flüchtlingskindern und chronisch Kranken aus den menschenunwürdigen Lagern in Griechenland ein. Hier haben wir den Test auf europäischen Zusammenhalt eben nicht bestanden. Es ist geradezu obszön, dass wir uns für die Aufnahme von fünfzig Kindern selbst auf die Schulter klopfen, während das schnelle Einfliegen von Tausenden Erntehelfern aus dem Ausland offensichtlich kein Problem darstellt."

 

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