Ein multidisziplinäres Wissenschaftlerteam wird in Deutschland eine Forschungsdateninfrastruktur für personenbezogene Gesundheitsdaten aufbauen. Als eines der größten deutschen Medizindatenprojekte unter dem Namen nfdi4health wird dieses von Bund und Ländern die kommenden fünf Jahre gefördert. Die Universitätsmedizin Greifswald ist maßgeblich als Partner an der Initiative beteiligt.

Die Federführung liegt bei der Deutschen Zentralbibliothek Medizin (ZB MED) in Köln und dem Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen. Projektleiter in Greifswald sind Professor Dr. Carsten Oliver Schmidt und Professorin Dr.-Ing. Dagmar Waltemath vom Greifswalder Institut für Community Medicine (ICM).

Die Abkürzung „nfdi4health“ steht für Nationale Forschungsdateninitiative für (4) Gesundheit (Health). nfdi4health setzt sich aus einem interdisziplinären Team von 18 Partnern zusammen. Insgesamt 46 namhafte nationale und internationale Fachgesellschaften, Institutionen und Initiativen mit Bezügen zum Gesundheitsbereich haben ihre Beteiligung zugesichert (u.a. gmds, DGEpi, DGMS, CoRe-Net, EbM, BZgA, NAKO, AWMF, Elexir, Combine, EFMI, FAIRdom, FAIRsharing, GA4GH). Auch das Greifswalder Universitätsrechenzentrum ist an dem Konsortium beteiligt.

Gesundheitsforschung effektiver gestalten
nfdi4health ist in der im Aufbau befindlichen fachübergreifenden Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) verortet, die derzeit durch Bund und Länder finanziert wird und als bundesweit verteiltes Kompetenz- und Infrastrukturnetzwerk die Bereitstellung und Erschließung von Forschungsdaten für die Wissenschaft sicherstellen soll. In drei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) koordinierten Ausschreibungsrunden sollen bis zu 30 Konsortien mit insgesamt bis zu 85 Millionen Euro pro Jahr für zunächst fünf Jahre mit möglicher Verlängerung um weitere fünf Jahre gefördert werden. Greifswald war mit der nfdi4Health in der ersten Ausschreibungsrunde erfolgreich. 

Das Ziel der nfdi4health ist die Wertsteigerung der Forschung in den Bereichen Versorgungsforschung (Epidemiologie), Gesundheitswesen und klinische Studien. Dazu sollen hochwertige Forschungsdaten besser als bisher standardisiert und nachnutzbar (d.h. den FAIR-Prinzipien* entsprechend) international zugänglich gemacht werden. Dies schließt insbesondere große epidemiologischen Studien sowie Ergebnisse der öffentlichen Gesundheitsforschung und klinische Studien in Deutschland ein. Dazu gehören unter anderem auch die Greifswalder Langzeitstudie SHIP (Study of Health in Pomerania) sowie die große deutsche Gesundheitsstudie NAKO mit Studienzentrum in Neubrandenburg.

„Im Gegensatz zu vielen anderen Disziplinen haben wir in der Medizin einerseits bereits sehr gute Vorarbeiten zu Datenstandards, Datenzugang, Datenschutz. Andererseits arbeiten einzelne Studienteams und Standorte sehr individuell“, erklärten Schmidt und Waltemath. „Es ist derzeit noch zu schwierig, einen Überblick zu gewinnen. Daten sind nicht ausreichend vergleichbar und es gibt viel Intransparenz, weil bestehende Standards uneinheitlich sind und nicht konsequent verwendet werden. Hier setzen wir an und tragen dazu bei, die Gesundheitsforschung insgesamt effektiver zu gestalten. Von unserer Arbeit profitieren also nicht nur die Forschenden der Universitätsmedizin Greifswald, sondern alle Wissenschaftler, die auf Daten aus Gesundheitsstudien zugreifen.“

Gleich in mehreren Teilprojekten ist die Universitätsmedizin Greifswald in dem bundesweiten Forschungsprojekt vertreten. Als Experten für Datenqualität und Standardisierung sind Prof. Carsten Oliver Schmidt und Prof. Dagmar Waltemath beispielsweise für die Sicherung der Datenqualität, die Schaffung gemeinsamer Standards für Studien, zentralisierte Zugänge für Studieninformationen, Datenbeantragung und Datenanalysen sowie den Datenschutz mit verantwortlich. Ein wichtiger Aspekt ist die Entwicklung von Informations- und Weiterbildungsmaterialien für die breitere wissenschaftliche Community. „Die Einbindung in dieses bedeutende und wegweisende nationale Zukunftsprojekt stärkt Greifswald als einen der führenden Wissenschaftsstandorte der Gesundheitsforschung“, so die Greifswalder Projektleiter.

Modernes Forschungsdatenmanagement immer wichtiger

Die Erfassung und Analyse personenbezogener Daten zu Gesundheits- sowie Krankheitsstatus und wichtiger Einflussfaktoren darauf sind eine wesentliche Komponente zum besseren Verständnis der Beschwerdelast und Ressourcen zu deren Behandlung, zur Entwicklung neuer Therapien, übergreifender Versorgungsansätze und präventiver Maßnahmen eines modernen Gesundheitswesens. Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einem erheblichen Wachstum des hierfür nutzbaren Datenbestands, aber auch zu einem erhöhten Bedarf an beschreibenden Daten. Die personenbezogenen Gesundheits- und Krankendaten bieten eine hervorragende Basis, verlangen jedoch auch einen besonderen Schutz. Sicherheit und Nutzbarkeit zu vereinen, auch darauf zielt nfdi4health.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert im Rahmen der Initiative nfdi4health zusätzlich die Task Force COVID-19. Im Gegensatz zu den meisten anderen Initiativen in der Medizin zu klinischen Patientendaten konzentriert sich die nfdi4health auf die Folgen der Pandemie für die öffentliche Gesundheit, wie beispielsweise die Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung, Lebensqualität und Auswirkungen sozialer Isolation.  Das soll Wissenschaftlern, Behörden und Politikern dabei helfen, die Pandemie gezielter zu bekämpfen und die negativen Folgen für die Bevölkerung abzufedern. Ergebnisse aus dem COVID-19-Teilprojekt werden bereits kurzfristig in diesem Jahr verfügbar, die umfassendere öffentliche Plattform der nfdi4health soll ab 2022 nutzbar sein.

*FAIR-Prinzipien für Forschungsdaten

  1. www.publisso.de/…

Weitere Informationen unter www.nfdi4health.de

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