Inmitten der Coronakrise wurde im Oktober die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafen BER zur mehrfachen Bewährungsprobe. Nicht nur mussten umfassende Hygienekonzepte umgesetzt werden. Auch kann der Airport seinen Betrieb nur gedrosselt hochfahren: In den ersten drei Monaten hat der BER rund 700.000 Passagiere abgefertigt – das entspricht nur etwa zehn Prozent des Vor-Krisen-Niveaus der Vorgänger-Airports Tegel und Schönefeld in 2019. Trotzdem zeigen sich die Verantwortlichen mit dem Start zufrieden. „Der neue Flughafen und seine Infrastruktur haben sich in den ersten Monaten als leistungsfähig und zuverlässig bewährt. Durch die geringe Auslastung konnten wir uns langsam mit der neuen Infrastruktur vertraut machen“, sagte Thomas Kohr, Leiter Aviation Marketing bei der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH bei der Videokonferenz des Air Cargo Club Deutschland.
Roland Böhm, Leiter Infrastruktur & Systeme, der für die Planung und Durchführung des Probebetriebs am BER zuständig war, verwies darauf, dass dies noch kein Grund für Euphorie ist: „Wir wissen, dass uns noch eine Bewährungsprobe bevorsteht, sobald die Passagierzahlen wieder steigen. Derzeit stehen wir vor der Herausforderung, für die erprobten Abläufe eine Routine zu entwickeln. Dies ist momentan erschwert, da sich viele Mitarbeiter des Flughafens, der Bodenverkehrsdienste und anderer Prozesspartner in Kurzarbeit befinden. Wir sind aber im engen Austausch mit unseren Partnern, insbesondere den Airlines, um ein Indikationssystem für das Wiederanlaufen des Verkehrs zu entwickeln, damit rechtzeitig ausreichend Personal zur Verfügung steht.“
Im Gegensatz zum Passagierbetrieb, sind die Einbrüche im Frachtgeschäft weniger dramatisch, wie Torsten Jüling, Frachtchef des Berliner Flughafens, beim ACD berichtete. Trotzdem ist die Fracht im Vergleich zu deutschen Nurfracht-Standorten stärker betroffen. Im Januar 2021 wurden etwa 1.700 Tonnen Luftfracht bewegt und damit rund 35 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr. „Der Luftfrachtstandort Berlin hängt viel stärker von der Beiladefracht der Langstreckenflüge ab, als es bei anderen Flughäfen der Fall ist. Berlin ist ein typischer Passageflughafen. Unsere Langstrecken sind im Zuge der Pandemie bis auf Qatar nach Doha eingestellt worden, wodurch wir einen verhältnismäßigen großen Rückgang bei der Beiladefracht verzeichnen“, erklärt Jüling. Trotzdem ist der Frachtchef zuversichtlich, dass sich die Fracht in Berlin wieder erholen wird. „In der weltweit schwierigen Lage zeigt sich, wie wichtig eine gute Fracht-Infrastruktur für die Hauptstadtregion ist. Durch unsere günstige geografische Lage, wird aktuell die Fracht hauptsächlich per Road Feeder Services, Speditionstrucking sowie Verlader-Direktanlieferungen transportiert.“
Ein weiteres Standbein sind die Frachtflüge der Expressdienste UPS und FedEx, die mit den Frachtcharter für das Hilfsgüterzentrum des DRK im Express Center im Nordteil des BER abgefertigt werden. Als Air Gateway für FedEx und UPS nach Polen kann der Berliner Luftfrachtstandort seit Jahren kontinuierliches Wachstum in diesem Bereich verbuchen. Im Jahr 2020 wuchs die Tonnage um sieben Prozent.
Prof. Dr. Christopher W. Stoller, Präsident des Aircargo Club Deutschland sagte: „Wir sind uns sicher, dass der BER für den Luftfahrtstandort Deutschland neue Impulse setzen wird. Auch im Frachtbereich spielt der Flughafen durch seine geografische Lage eine wichtige Rolle, um den Frachtstandort Deutschland weiter zu stärken. Darüber hinaus wird der Bau der GIGA-Fabrik von Tesla in Brandenburg sicherlich neue spannende Anknüpfungspunkte bieten.“
Der Aircargo Club Deutschland (ACD) wurde 1963 als branchenbezogene Interessens- und Diskussionsplattform zur Förderung des Luftfrachtverkehrs gegründet. Die rund 250 Mitglieder sind leitende Unternehmensvertreter der Luftfrachtbranche mit deutschlandweiter oder internationaler Verantwortung. Sie repräsentieren eine Wachstumsbranche, die Menschen, Länder und Industrien verbindet und den freien Welthandel ermöglicht.
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