Zu „einem kleinen Frühstück neben dem Fortepiano“ lädt der Komponist und Goethe-Freund Johann Friedrich Reichardt den Intendanten des Königlichen Nationaltheaters August Wilhelm Iffland im März 1802, um ihn zu einem raschen Abschluss der Proben des Stücks „Der Tod des Hercules“ zu drängeln. Denn Reichardt möchte der Aufführung unbedingt beiwohnen, bevor er Berlin wieder verlassen muss, und offenbart auf diese Weise die Sogwirkung, die von Ifflands Berliner Bühne auf die Zeitgenossen ausging.

Das dramaturgische und administrative Archiv des Theaterintendanten Iffland ist jetzt vollständig ediert und mit ihm ein herausragendes Stück Berliner Theatergeschichte zugänglich gemacht worden. Das Archiv steht der Öffentlichkeit ab sofort als digitale Edition unter https://iffland.bbaw.de zur Verfügung. Es umfasst ca. 5.000 Briefe von mehr als 1.400 Korrespondentinnen und Korrespondenten, in denen von über 1.300 meist theatralischen Werken gesprochen wird. Personen-, Werk-, Orts- und Sachregister bieten komfortable Hilfsmittel, um das Archiv zu benutzen.

Ziel des von Klaus Gerlach (BBAW), Ernst Osterkamp (Akademiemitglied) und Uwe Schaper (Landesarchiv Berlin) initiierten und an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften angesiedelten Projekts war es, die amtliche Korrespondenz sowie administrative und dramaturgische Dokumente aus Ifflands Direktionszeit am Königlichen Nationaltheater zu Berlin von 1796 bis 1814 zu erschließen. Das Projekt wurde über fünf Jahre von der LOTTO-Stiftung Berlin, der Stiftung Preußische Seehandlung, der Gerda Henkel Stiftung, der VolkswagenStiftung und der Fritz Thyssen Stiftung gefördert und in Kooperation mit dem Landesarchiv Berlin durchgeführt.

Das Archiv des Intendanten, Dramatikers und Schauspielers August Wilhelm Iffland (1759–1814), nach dem Zweiten Weltkrieg verloren gegangen, wurde 2014 wiederentdeckt und kam auf Umwegen in den Besitz des Landesarchivs Berlin. Es enthält ca. 5000 Briefe aus allen Schichten der Bevölkerung sowie von allen Handwerkern und Künstlern, die an der Entstehung einer Theatervorstellung mitwirkten: Schneider, Friseure, Dekorationsmaler, Autoren, Komponisten, Schauspielerinnen und Schauspieler, Sängerinnen und Sänger, Musiker, Verwaltungsbeamte, Hof und Publikum. Die Briefe und Dokumente machen erlebbar, wie Iffland aus einer mittelmäßigen Bühne ein weit über Berlin hinaus strahlendes und Maßstäbe setzendes Theater formte.

Nach seiner Ankunft Ende 1796 führte Iffland am Berliner Nationaltheater eine Reihe von Reformen durch. Reorganisiert wurden die Probenabläufe des künstlerischen Ensembles, die bühnentechnischen Abläufe, die Garderoben-, Kostüm- und Orchesterordnungen. Die Ensemblemitglieder wurden verpflichtet, sich weiterzubilden, mussten neue Literatur über Theater und Kunst, die regelmäßig angeschafft wurde, lesen. In bisher unveröffentlichten „Zirkularschreiben“ legte der Schauspieler und Theoretiker der Schauspielkunst Iffland seine Überlegungen und Anweisungen dem Ensemble vor und gestaltete mit ihm das Berliner Theater zur führenden Bühne im protestantischen Deutschland. Im Vordergrund stand die Bildung des Schauspielers als Persönlichkeit, denn Iffland war überzeugt, dass das Gesamtkunstwerk ‚Theateraufführung’ nur mit einem Ensemble aus selbstbewussten Künstlern, die über ein hohes Berufsethos verfügen, realisiert werden könne. Die Aura des Iffland-Theaters lockte gestandene Künstler und Künstlerinnen nach Berlin, die um Engagements oder Gastauftritte nachsuchten, aber auch junge Männer und Frauen, die den Schauspielerberuf erst erlernen wollten. Die preußische Hauptstadt wurde zum Wallfahrtsort der Schauspielkunst.

In den kommenden drei Jahren erarbeitet Klaus Gerlach (BBAW) ergänzend zur digitalen Edition eine gedruckte Publikation. Circa 400 Briefe aus dem Schriftverkehr mit Musikern, Komponisten, Dichtern, Schauspielerinnen und Schauspielern, Sängerinnen und Sängern werden im Band „Künstlerbriefe um 1800. Ifflands dramaturgische und administrative Korrespondenz in einer Auswahl“ zusammengestellt und mit wissenschaftlichen Erläuterungen und einem einführenden Essay versehen. Das Projekt wird gefördert von der Gerda Henkel Stiftung, der VolkswagenStiftung und der Fritz Thyssen Stiftung.

Hörempfehlung: Podcast „Auf ein Akademisches Viertel mit Klaus Gerlach“

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