Zum Verstärken von Bauteilen durch CFK werden meist Patches aufgesetzt. Eher ungewöhnlich ist es, Faserhalbzeuge in einen Profilquerschnitt einzuziehen. Die Idee einer inneren Verstärkung verdient im Juni die Auszeichnung durch den ThinKing. Ein niedriges Gewicht, Stabilität, Steifigkeit und Dämpfung sind das lohnende Resultat einer aus dem Maschinenbau auf andere Anwendungen und Branchen übertragbaren Leichtbau-Lösung für eine Stickmaschine.

Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im Juni 2021. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.

Auf einen Blick:
– Produktionseffizienz: Hybridprofile verbessern Dynamik, Qualität und Leistungsfähigkeit der Maschinen.
– Materialeffizienz: Eine um etwa 25 % verbesserte Steifigkeit der Profile erlaubt bei gleichen Eigenschaften das Einsparen von Material und Gewicht.
– Energieeffizienz: Steif, leicht und dämpfend – diese Mixtur ist optimal für Energieeinsparungen bei Maschine und Mobilität
– Nachrüstbar: Nachträgliches Verstärken von Standardprofilen möglich

„Immer wieder hat uns der Aluminium-Stickrahmen bei den Mehrkopfmaschinen Probleme durch Vibration bereitet. Und auch bei der Stabilität des Rahmens war noch Optimierungspotenzial“, erzählt Martin Hofmann, Leiter Bereich Sondermaschinen bei der Tajima GmbH. Die Rahmen der Stickmaschinen können eine Größe von 9 x 2,5 m erreichen, wobei die Stickereien Zugkräfte induzieren, gegen die der Rahmen bestehen muss.

Vibrationen sind vor allem bei schnelllaufenden Maschinen eine Herausforderung für Auslegung und Betrieb. Sie sind ein Kostenfaktor, weil sie einen erhöhten Wartungsaufwand und eine verminderte Produktqualität verursachen können. Vibrationsgefährdete Bauteile müssen häufig gleichzeitig leicht und steif sein – und im besten Fall eine schwingungsdämpfende Wirkung besitzen.

Stabilität, Steifigkeit und Dämpfung

Bei industriellen Stickmaschinen bewegt der Rahmen das Gewebe. Seine Bewegungen können eine Frequenz von 1.200 pro Minute erreichen. Ein niedriges Gewicht ist daher für Dynamik und Energieverbrauch wichtig, Stabilität und Steifigkeit wiederum für die Qualität der Stickerei entscheidend.

Außen aufgebrachtes CFK als Option für die Verstärkung des Rahmens erwies sich als wenig praxistauglich, weshalb als Lösung nur eine innenliegende Faserverstärkung in Frage kam.

Doch wie die harzgetränkten Fasern in die Profile nachträglich einziehen? Die erfolgreiche Lösung dieser Frage gewinnt im Juni 2021 den ThinKing.

Profile erhalten einen Kern aus Faserverbund

Die Methode zur Herstellung der innen mit Carbonfaser verstärkten Aluminiumhohlprofile wurde zusammen mit dem Institut für Flugzeugbau (IFB) der Universität Stuttgart als Partner entwickelt. Das mit Harz getränkte Fasermaterial wird durch eine Art umgekehrtes „Nass-Pultrusionsverfahren“ in die Standard-Aluminiumprofile eingezogen, deren Innenfläche für eine optimierte Haftung vorbehandelt ist.

Durch den ungewöhnlichen Aufbau – außen Aluminium (kratzfest, chemikalienbeständig, isotrop) und innen CFK (hochfest, sehr leicht, gute Dämpfungseigenschaften) – können die positiven Eigenschaften des jeweiligen Werkstoffes gewinnbringend kombiniert werden.

Jegliche Verbindungstechniken, zum Beispiel Spannclips für Standard-Profile, können weiterverwendet werden, da das Fasergewebe im Profil durch das außenliegende Aluminium vor mechanischen Beschädigungen geschützt ist.
Dank des Herstellverfahrens können Aluminiumprofile – beispielsweise von Item oder Bosch, die im Maschinenbau sehr verbreitet sind – auch nachträglich durch das Einziehen des Faserverbundkerns in ihren mechanischen Eigenschaften optimiert werden.

Im Idealfall ergibt sich so eine Materialeinsparung um bis zu 25%, wenn bei der Auswahl der Profile bereits die um ein Viertel verbesserte Steifigkeit berücksichtigt werden kann. Eine mögliche Gewichtsreduzierung kann erreicht werden, wenn darauf basierend ein schlankeres Aluminiumprofil verwendet wird.

Durch die verbesserten Eigenschaften des Aluminiumprofils eröffnen sich außerdem weitere Anwendungsgebiete im Leichtbau. Eine verbesserte Stabilität und gleichzeitige Gewichtseinsparung führen in der Mobilität zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch oder höherer Reichweite.

Hybridprofile eröffnen neue Möglichkeiten

Auch im Maschinenbau ergeben sich Vorteile für Dynamik, Materialeffizienz und Energieverbrauch – und darüber hinaus für neue Produkte. Erste CFK-innenverstärkte Profile setzt die Tajima GmbH heute bereits in Pilotanwendungen auf den eigenen Maschinen ein. Aufgrund der verbesserten Steifigkeit wird nun beispielsweise das Besticken von Automobilteppichen mit Heizungselementen möglich, das vor allem in der Elektromobilität nachgefragt ist.

Ein schwieriger Aspekt im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Hybridprofils ist die stoffschlüssige Verbindung zwischen CFK und Aluminium. Um hier eine zukunftsfähige Lösung für das Recycling zu finden, sucht die Tajima GmbH zur Weiterentwicklung der Technologie Partner aus Industrie und Forschung.

Über Tajima GmbH
Die Tajima GmbH vertreibt und adaptiert Sonderstickmaschinen seit den 1990er-Jahren. Später wurde das Sortiment um Faserlegemaschinen erweitert, an deren Entwicklung zur Serienreife auch das Institut für Polymerforschung (IPF) in Dresden beteiligt war.

Der ThinKing im Video
In unserer neuen Video-Serie „Leichtbau leicht erklärt“ stellen wir Ihnen den ThinKing innerhalb weniger Sekunden vor: https://youtu.be/FIy2ZvSbyDE

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