35.000 – 46.000 Kaninchen fallen ihm jedes Jahr in der EU zum Opfer: dem sogenannten Pyrogentest, bei dem injizierbare Arzneimittel auf fieberauslösende Verunreinigungen getestet werden. Seit mehr als 35 Jahren gibt es einen tierversuchsfreien Test mit menschlichem Blut, seit 2009 ist er behördlich anerkannt. Nun hat die zuständige Behörde EDQM das Ende des Tests innerhalb von fünf Jahren angekündigt. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche wertet dies als Kampagnenerfolg, moniert aber die lange Übergangszeit.

Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 6.000 Kaninchen im Pyrogentest verwendet und das, obwohl seit 12 Jahren eine tierversuchsfreie Testmethode behördlich anerkannt ist, die zudem noch eine sehr viel größere Bandbreite an Pyrogenen aufspüren kann.

Pyrogene sind Verunreinigungen, die beim Menschen Fieber oder sogar septischen Schock auslösen können. Um dies zu verhindern, wird jede Produktionseinheit biologischer Arzneimittel, wie Impfstoffe und Infusionslösungen, daraufhin überprüft. Den Kaninchen, die in einem kleinen Kasten fixiert sind, wird die Substanz in eine Ohrvene injiziert. Nur, wenn kein Fieber auftritt, kann die Charge in den Verkauf gehen. Das Europäische Arzneibuch erlaubt neben dem Kaninchentest auch den Monozyten-Aktivierungstest (MAT), eine tierfreie Methode, die mit menschlichem Blut arbeitet. Der MAT wurde bereits in den 1980 Jahren in Deutschland entwickelt, 2005 international validiert und 2009 in das Europäische Arzneibuch aufgenommen. Zwar muss der MAT produktspezifisch validiert, d.h. an jedes Produkt angepasst werden, aber dafür hatten Pharmaunternehmen bereits 12 Jahre Zeit.

Ärzte gegen Tierversuche hat vor einem Jahr eine Kampagne mit Online-Petition gestartet, um den Druck auf Behörden, Politik und Firmen zu erhöhen. Rund 32.000 Unterschriften sind bisher zusammengekommen. Ziel ist die Streichung des Kaninchen-Tests im Europäischen Arzneibuch.

Dieses Ziel ist nun mit der Ankündigung der europäischen Arzneibuch-Kommission European Directorate for Quality of Medicine & Health Care (EDQM) in greifbare Nähe gerückt. Erst im Mai hatte der Ärzteverein einen Kampagnen-Erfolg zu vermelden, als bekannt wurde, dass der Hauptverursacher der hohen Tierzahlen in Deutschland, das bayerische Unternehmen Labor LS, den Pyrogentest am Kaninchen nicht mehr anbietet.

„Tierversuchslobbyisten behaupten stereotyp, Tierversuche würden nur durchgeführt werden, wenn es keine ‚Alternative‘ gäbe. Der Pyrogentest ist ein erschütterndes Beispiel, dass Tierversuche weiter durchgeführt werden, auch wenn es längst tierversuchsfreie Tests gibt“, kritisiert Dr. med. vet. Corina Gericke, stellvertretende Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Tierversuche wurden und werden einfach in die Regularien aufgenommen, obwohl sie schlechte, oft nicht reproduzierbare Ergebnisse liefern, während tierleidfreie Systeme einen unfassbar steinigen Weg gehen müssen, um anerkannt zu werden und selbst dann werden parallel die Tierversuche weiter erlaubt und durchgeführt.“

Der jetzige Schritt des EDQM sei laut Ärzteverein einerseits zu begrüßen, da das Ende des grausamen und völlig überflüssigen Tierversuchs endlich in Sicht ist, aber er sei auch längst überfällig. „Weitere 5 Jahre Kaninchentest bedeuten den leidvollen Tod von weiteren mindestens 175.000 Kaninchen in der EU“, fürchtet Tierärztin Gericke.

Weitere Infos

EDQM: European Pharmacopoeia to put an end to the rabbit pyrogen test. 28.6.2021: https://www.edqm.eu/en/news/european-pharmacopoeia-put-end-rabbit-pyrogen-test

Kampagnen-Seite und Online-Petition:
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/helfen/kampagnen/3204

Hintergrundinfos zum Pyrogentest:
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/tierversuche/stellungnahmen/3202-pyrogentest-unendlich-viel-tierleid-trotz-vorhandener-tierversuchsfreier-methoden

 

Über den Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche e.V. besteht seit 1979 und ist ein bundesweiter Zusammenschluss aus Ärzten, Tierärzten und Naturwissenschaftlern, die Tierversuche aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen. Der Verein engagiert sich für eine moderne, humane Medizin und Wissenschaft ohne Tierversuche, die sich am Menschen orientiert und bei der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten sowie der Einsatz von modernen Forschungsmethoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips im Vordergrund stehen.

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