Bargeldersatz gefragt
Kryptowährungen streben laut Grüner danach, das elektronische Äquivalent zu einer Bargeldübergabe zu sein. Mobile Zahlungs-Apps in US-Dollar seien nutzerfreundlich, würden allerdings auf dem Bankensystem basieren und dieselben Kanäle wie Schecks oder Überweisungen nutzen. Dementsprechend könne es immer noch Tage dauern, bis Zahlungen über mehrere Vermittler abgewickelt und mit dem Bankkonto verknüpft seien. Kryptowährungen wie Bitcoin würden außerhalb des Bankensystems operieren und die Abwicklung über die Blockchain geschehe in Echtzeit. „Der größte Nachteil der Kryptowährungen besteht darin, dass sie sehr volatil sind – das macht sie als Geldersatz so gut wie nutzlos“, so Grüner. „Sogenannte Stablecoins zielen darauf ab, dieses Problem zu lösen, indem sie sich an einen festen Vergleichswert koppeln – beispielsweise auch an den US-Dollar.“ Doch, ob sie das zu einem glaubwürdigen Tauschmittel macht, ist für Grüner eine noch zu diskutierende Frage. Fed-Chef Jerome Powell sehe Stablecoins Grüners Analyse zufolge eher als „unregulierte Geldmarktfonds“. Den Finanzaufsichtsbehörden sei vor allem die Überprüfung wichtig, ob die hinterlegten Vermögenswerte tatsächlich ausreichend seien, um den Handelswert zu decken. Und insbesondere auch, wie es um die Stabilität der Konstrukte in Krisenphasen bestellt sei. Viele Fragen blieben hier laut Grüner offen.
Zentralbanken sind gefordert
„Die digitale Zentralbankwährung unterscheidet sich von alledem. Es handelt sich dabei nicht um eine neue Währung – CBDC würde weder den US-Dollar, noch den Euro oder das Britische Pfund ersetzen. Es würde einem von der Zentralbank verwalteten digitalen Zahlungssystem gleichkommen“, erklärt Grüner. Er führt weiter aus: „Im Grunde würden Fed, EZB oder die Bank of England damit gegen ‚Venmo‘ antreten – Chinas digitaler Yuan, der sich bereits in der Erprobungsphase befindet. Wir sehen jedoch mehrere Probleme, die darauf hindeuten, dass CBDCs in der entwickelten Welt nicht unmittelbar Einzug halten werden.“
Etwas Bürokratie muss sein
Fragen die laut Grüner noch nicht ausreichend beantwortet seien sind, wer die CBDC-Konten verwalten würde; ob die Zentralbanken beispielsweise für die Überprüfung der Identität der Kontoinhaber verantwortlich wären; und, was ‚selektive Anonymität‘ bedeute. „Wie man es auch dreht und wendet, CBDCs würden den Aufgabenbereich der Zentralbanken erheblich erweitern, sie würden nicht nur Banktransaktionen, sondern potenziell alle Transaktionen überwachen“, sagt Grüner. Effektiv könnten sie laut Grüner das Bankensystem verstaatlichen und das partielle Reservesystem beenden. Zudem stellt sich Grüner die Frage, ob die Zentralbanken dann auch direkt an Haushalte und Unternehmen Kredite vergeben würden. Um dies abzuwenden, schlüge die EZB vor, die Attraktivität ihrer CBDC-Konten einzuschränken und Beträge zu begrenzen. Unter dem Strich sei der wichtigste Mechanismus in der Geldpolitik jedoch die Kreditvergabe der Banken. Und verzinsliche CBDC-Konten böten den Zentralbanken ein weiteres Instrument zur Durchführung der Geldpolitik.
Fazit
„Mit der Diskussion um digitale Währungen gehen zukunftsfähige Ideen und viele politische Hindernisse einher. Da weder ein kurzfristiger Umbruch noch eine Krise unmittelbar bevorsteht, können Aktienanleger diese Bemühungen also relativ entspannt beobachten“, fasst Grüner zusammen.
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