Dass alle glücklichen Familien einander gleichen, jede unglückliche Familie aber auf ihre eigene Weise unglücklich ist, ist spätestens seit Erscheinen von Leo Tolstois Roman „Anna Karenina“ weithin bekannt. Weniger bekannt, weil soeben erfunden, ist die logisch daraus gefolgerte Autorenweisheit: „Alle glücklichen Familien sind für Zuschauer langweilig, jede unglückliche Familie birgt den Stoff für eine große Familiensaga.“ Und tatsächlich: Sei es die Familie der leidvollen Anna Karenina selbst, sei es die Familie Ewing aus Dallas, die Familie der Guldenburgs und ihr Erbe oder, für die Kulturbeflisseneren, die Familie Buddenbrook und ihr unaufhaltsamer Verfall – sie alle zeichnen sich nicht eben durch tiefe Harmonie und einträchtige Glücksgefühle aus, sondern vielmehr durch widerstrebende Bedürfnisse, drohende Sachzwänge und Konflikte, soweit der Stammbaum reicht. Da ist was los, und das ist spannend zu verfolgen – so denn die geneigten Rezipienten nicht den Faden verlieren bei all den Akteuren, den zahlreichen Beziehungen und raffinierten Intrigen. Viel hilft nämlich viel in der Welt der Familienepen, und wenn es trotzdem einmal nicht ausreicht, dann kann immer noch ein eigentlich totgeglaubter Verwandter plötzlich wieder auftauchen oder eine nicht standesgemäße Verbindung der Familie einen heftigen Schlag versetzen.

Was aber das Autorenherz erfreut, ist im realen Leben zumeist weniger unterhaltsam, sondern schlicht und einfach kräftezehrend. Zwar bewegen sich in den meisten Familien, die weder über ein Öl- noch ein Handelsimperium oder ansonsten wenigstens einen Adelssitz verfügen, die Probleme auf einem anderen Niveau. Die Ausgangslage aber, die darauf basiert, dass es sich bei Familien um eine Ansammlung unterschiedlicher Individuen mit zuweilen widerstrebenden Wünschen und Zielen handelt, gilt auch für Familie Mustermann und alle anderen, die mit Familie oder (Wahl-)Verwandtschaft gesegnet sind. Dabei geht es dann nicht um die Frage, wer das Schloss erbt und wer nur das Gestüt, sondern darum, wer die größere Portion Eiscreme bekommt und wer im Auto vorne sitzen darf. Und auch diese Fragen können überraschend viel Zündstoff bergen. Während man diesen konkreten Konflikten jedoch mit einer gut geeichten Küchenwaage bzw. einem ausgeklügelten Wechselsystem beikommen kann, ist es schwierig, stets auch auf sämtliche andere denkbare Eventualitäten vorbereitet zu sein. Familien wissen es deshalb in der Regel sehr zu schätzen, wenn ihr Umfeld ein wenig Rücksicht auf sie nimmt und ihnen gegenüber einen gewissen Langmut an den Tag legt. Das gilt im Privaten, aber auch für kommerzielle Kontakte zu Händlern oder Dienstleistern. Auch hinsichtlich solcher nicht- oder halb-privater Situationen nämlich wünschen sich viele Familien ein auf sie und ihre Kinder ausgerichtetes, familiengerechtes Umfeld und Angebote, die dafür sorgen, dass alle Familienmitglieder auf ihre Kosten kommen – idealerweise zu einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis, denn bekanntlich kosten Kinder zwar Geld, verdienen aber selbst davon in der Regel so gut wie keines. Abgerundet wird das Profil familienfreundlicher Anbieter schließlich durch gelassenes, familien- und kinderfreundlich auftretendes Personal, das auch auf Wünsche junger Kunden oder Gäste eingeht.

Welche Unternehmen bei Haushalten mit Kindern durch ihre Familienfreundlichkeit positiv auffallen, haben wir, in Kooperation mit der WELT AM SONNTAG, auch in diesem Jahr wieder für unsere Studie „Familienfreundliche Unternehmen“ erhoben. Man erkennt diese Unternehmen am entsprechenden Siegel oder daran, dass Familien in ihren Verkaufsräumen oder Anlagen in Ermangelung dramatischer Konfliktauslöser keinen Stoff für große Sagas bieten. Haben auch Sie Erfahrungen mit familienfreundlichen Unternehmen? Nutzen Sie nach Möglichkeit stets derartige Angebote oder werfen Sie alle Annehmlichkeiten für sich und Ihre Familie über Bord zugunsten einer guten Geschichte? Sollte Letzteres zutreffen, schreiben Sie es am besten auf; die Menschen wollen sowas lesen.

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