• Durch Klimawandel & Bevölkerungswachstum könnten in Zukunft etwa 40 Prozent mehr Menschen dem Risiko durch tropische Wirbelstürme ausgesetzt sein als im Vergleich zu heute
  • Eine Begrenzung & Verzögerung der globalen Erwärmung hätte einen doppelten Nutzen: Weniger starke Auswirkungen von Klimaextremen auf weniger Menschen, die aufgrund demografischer Veränderungen potenziell gefährdet sind
  • Eine wirksame Klimaschutzpolitik könnte bis zum Jahr 2100 kumulativ über 1,8 Milliarden Menschen vor den Auswirkungen von tropischen Wirbelstürmen bewahren, wenn die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt wird

Die Erhöhung von einem auf zwei Grad Celsius globale Erwärmung könnte dazu führen, dass ca. 25 Prozent mehr Menschen durch tropische Wirbelstürme gefährdet sind, so das Ergebnis einer neuen Studie. Schon heute gehören Wirbelstürme und Taifune zu den schlimmsten Naturkatastrophen weltweit und bedrohen potenziell etwa 150 Millionen Menschen pro Jahr. Zusätzlich zum Klimawandel trägt das Bevölkerungswachstum dazu bei, dass die Gefährdung durch tropische Wirbelstürme weiter zunimmt, insbesondere in den Küstengebieten ostafrikanischer Länder und der USA. Gleichzeitig bietet die gekoppelte Berücksichtigung von Klimawandelfolgen und Bevölkerungswachstum ein ungenutztes Potenzial zum Schutz einer sich wandelnden Weltbevölkerung.

"Unter Berücksichtigung von weiterem Bevölkerungswachstum – zusätzlich zur globalen Erwärmung auf zwei Grad Celsius – wäre es sogar möglich, dass im Jahr 2050 circa 40 Prozent mehr Menschen Gefahren durch Wirbelstürme ausgesetzt sind", so Tobias Geiger, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und beim Deutschen Wetterdienst (DWD), Hauptautor der neuen Studie, die in Nature Climate Change veröffentlicht wurde. "Da die Weltbevölkerung Studien zufolge Mitte des Jahrhunderts ihren Höchststand erreichen wird, wären aufgrund des Klimawandels gleichzeitig mehr Menschen von intensiveren Wirbelstürmen betroffen – diese größere Bevölkerung wird einem höheren Risiko ausgesetzt."

Das globale Ziel ist es, die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Doch im Vergleich zu einem ungebremsten Klimawandel könnte selbst das Erreichen von zwei Grad Celsius globaler Erwärmung 50 Jahre später zu einem ganz anderen Ergebnis führen, wie ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, der Schweiz und den USA in einer computergestützten Analyse festgestellt hat: Bis zum Jahr 2100 projizieren Bevölkerungsmodelle eine weltweit und ohne äußeren Einfluss stattfindende abnehmende Bevölkerung in Gebieten mit Zyklongefahr. Dies würde die zusätzliche Belastung durch Erwärmung teilweise kompensieren, wie Geiger betont: "Wenn wir Treibhausgasemissionen rasch reduzieren und erst im Jahr 2100 eine globale Erwärmung von zwei Grad Celsius erreichen, würde dies den Anstieg der durch Wirbelstürme gefährdeten Menschen auf 20 Prozent begrenzen. Mit diesem wichtigen Forschungsergebnis zeigen wir, dass eine Reduzierung der globalen Erwärmung schwere tropische Wirbelstürme auf die späte zweite Hälfte des Jahrhunderts verschieben könnte, in der weit weniger Menschen gefährdet wären."

Timing ist entscheidend, wenn es um die Gefährdungsbeurteilung durch Zyklone geht

In der Studie analysierten die Wissenschaftler die gemeinsamen Auswirkungen von demografischer Entwicklung und Klimawandel auf Menschen, die tropischen Wirbelstürmen ausgesetzt sind – und fanden heraus, dass der Zeitpunkt, wann bestimmte Erwärmungswerte erreicht werden, entscheidend ist. Noch deutlicher sind die Ergebnisse, wenn man sich einzelne Länder anschaut, erklärt PIK Forscher Johannes Gütschow: "Unser Modell zeigt im Detail, dass im Jahr 2050 alle Länder, in denen das Wirbelsturmrisiko hoch ist, mit einem Anstieg der Betroffenheit rechnen müssen. Aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums zeigen unsere Berechnungen in einigen ostafrikanischen Ländern Zunahmen der Betroffenheit von fast 300 Prozent, in den USA von bis zu 100 Prozent. Auch die Arabische Halbinsel muss mit einem starken Anstieg des Wirbelsturmrisikos rechnen. Für die USA wird dies höchstwahrscheinlich zu mehr Wirbelsturmschäden führen, während andere stark betroffene Weltregionen noch zusätzlich von größerer Armut und Zwangsmigration betroffen sein könnten."

UN-Klimagipfel COP26: Ergebnisse in Überarbeitung der nationalen Beiträge einfließen lassen

Diese Ergebnisse könnten auch in die Entscheidungen des UN-Weltklimagipfels COP26 im November diesen Jahres einfließen, bei dem die bisher unzureichenden national festgelegte Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) des Pariser Abkommens neu überdacht werden sollen: "Das aktuelle NDCs-Szenario würde zu einer Erwärmung von etwa zwei Grad zur Mitte des Jahrhunderts und einem kontinuierlichen Anstieg der Erwärmung danach führen", sagt Katja Frieler, Ko-Leiterin der PIK-Forschungsabteilung Transformationspfade. "Im Einklang mit den NDCs würde die Zahl der Menschen, die von Wirbelstürmen bedroht sind, im Laufe des Jahrhunderts weiter ansteigen, zum Beispiel in den von Hurrikanen gefährdeten Regionen der USA."

Frieler unterstreicht: "Emissionsreduktionen, die die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen würden, könnten kumulativ über 1,8 Milliarden Menschen bis zum Ende dieses Jahrhunderts vor der Gefährdung durch tropische Wirbelstürme schützen, verglichen mit der Erwärmung unter den derzeit vorgeschlagenen Emissionsreduktionen. Es ist also höchste Zeit, die Treibhausgasemissionen schnell zu reduzieren, um so viele Menschen wie möglich zu schützen."

Artikel: Tobias Geiger, Johannes Gütschow, David N. Bresch, Kerry Emanuel, Katja Frieler (2021): Double benefit of limiting global warming for tropical cyclone exposure. Nature Climate Change [DOI: 10.1038/s41558-021-01157-9]

Weblink zum Artikel:  https://www.nature.com/articles/s41558-021-01157-9

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