"Vor zwölf Jahren haben mein Team und ich damit begonnen, Werkstoffe mit Maisanteilen zu entwickeln", erzählt Prof. Kharazipour. "Unsere erste Entwicklung war eine leichte Verbundplatte, eine Kombination aus Mais und Holzspänen, die seit 2011 bereits industriell für den Möbel- und Messebau verwendet wird. Dazu werden Maiskörner geschält und geschrotet, anschließend mit Unterdruck expandiert und danach mit Holzspänen vermischt, verleimt und verpresst. "Doch wir wollten Produkte mit 100 % Maisanteil herstellen und forschten weiter", fährt Prof. Kharazipour fort. "Mittlerweile haben wir ein Produkt, das leicht verarbeitbar ist, gut isoliert und Schall absorbiert. Man könnte daraus neben Möbelplatten auch Fahrzeugteile, Dämmstoffe, Kinderspielzeug, Formteile wie Kindersitze und schließlich auch Verpackungsmaterialien aller Art herstellen. In unserem Institut haben wir über 60 verschiedene Modelle entworfen."
Die Entwicklungen der Göttinger Arbeitsgruppe blieben von der Industrie nicht unbemerkt. Viele Produzenten, die bisher Kunststoff verarbeitet haben, sind auf der Suche nach alternativen Materialien. So haben Prof. Kharazipour und sein Team bereits drei Lizenzverträge mit Herstellern ganz unterschiedlicher Produkte abgeschlossen. Am weitesten in der Entwicklung ist die in Lübeck angesiedelte Plant Pack GmbH, ein Tochterunternehmen der Nordgetreide GmbH & Co. KG. Letztere stellt eigentlich hochwertige Lebensmittel aus Getreide her, hat aber in der Entwicklung der Göttinger Wissenschaftler eine willkommene Synergie gefunden: Aus einem nicht essbaren Mais-Reststoff der Cornflakes-Produktion möchte Plant Pack künftig nachhaltige Verpackungen herstellen. Dafür hat Prof. Kharazipour gemeinsam mit dem Unternehmen sein Verfahren optimiert und das Material zur Marktreife gebracht. Der Lübecker Hersteller möchte nun aus dem Mais-Werkstoff, der über ähnliche stoßdämpfende und wärmeisolierende Eigenschaften wie Styropor verfügt, Produkt- und Transportverpackungen sowie Lieferverpackungen etwa zum Schutz temperatursensibler Waren wie Lebensmittel oder Pharmaprodukte erzeugen.
Und nachdem die Ware sicher und gut verpackt zum Kunden gelangt ist? Dann muss man die Verpackung nicht mit schlechtem Gewissen über den Gelben Sack entsorgen. Das Material ist biologisch abbaubar und zersetzt sich nach Gebrauch innerhalb kurzer Zeit. Es kann über die Biotonne oder den Kompost entsorgt werden. Dabei gibt es nur die Menge an CO2 frei, die die Maispflanze während ihres Wachstums gespeichert hat.
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