Tagtäglich sehen wir uns Entscheidungssituationen gegenüber. Oft fehlt es dabei scheinbar an ausreichenden Informationen und die kurz- und langfristigen Auswirkungen sind unklar. Egal ob Personal- oder Investitionsentscheidung, Abschaffung von Bargeld oder konventionellen Energieträgern, Förderung des autonomen Fahrzeugs oder Grundlagenforschung sowie familiäre Reiseplanung oder Klimaschutz. Alle diese Fragestellungen werden unzweifelhaft lang- und kurzfristige Folgen auf viele Teilbereiche unseres Lebens haben. Nur auf welche? Und wie?
Gern wird die Entscheidungsfindung durch Vernachlässigung von Wechselwirkungen und Rückkopplungen vereinfacht. Es droht unzulässige Simplifizierung. Wesentliche Folgen, die vielleicht das eigentlich beabsichtigte Ergebnis auf den Kopf stellen, werden leicht übersehen.
Eine Gruppe aus Industrie und Universität erarbeitete über fünf Tage eine Vorgehensweise, welche die oben genannten Probleme vermeidet. Hierbei sollten nicht nur alle relevanten Folgen benannt werden können, es wurden auch Entscheidungskriterien erarbeitet, um sinnvolle, erfolgversprechende Maßnahmen von kosmetischen oder gar gefährlichen zu unterscheiden.
Es stellte sich heraus, dass die Aufgaben vor allem komplexe Systeme betreffen. Systeme bestehend aus zahlreichen Komponenten, die in vielfältiger Form wechselwirken und rückkoppeln. Die bekannten mathematischen, vor allem statistischen Herangehensweisen scheitern hier bei der Folgenanalyse, denn sie sind auf komplizierte Systeme angepasst. Als wesentlicher Unterschied zwischen komplexen und komplizierten Systemen stellte sich heraus, dass erstere keine eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung aufweisen können.
Externe Beiträge aus der Industrie verdeutlichten, dass die komplexen Fragestellungen weit häufiger von entscheidender Bedeutung sind, als die allgemeine Erfahrung zu zeigen scheint. Dr. Karsten Bartz (Rolls-Royce) stellte dabei die starken Wechselwirkungen bei internen Investitionsmaßnahmen dar, Dr. Günter Baer (Vopelius) thematisierte die weitreichenden Folgen der Beschränkung von Chemikalien für die allgemeine Verfügbarkeit und das Chemikalienmanagement. Richard Meads (ERIF) griff ein besonders eindrucksvolles Beispiel auf, indem er die unvermeidbaren Wechselwirkungen der Mikroplastik-Direktive mit der Geruchsstoffindustrie und damit verbunden unserem sozialen Zusammenleben illustrierte.
In Gruppenarbeit wurden Beispielsysteme analysiert und zweckmäßige Systemeingriffe identifiziert. Dabei kamen immer wieder unerwartete Zusammenhänge zutage, die bei herkömmlicher Herangehensweise wahrscheinlich nicht gefunden worden wären. Dass die Systemanalyse noch dazu ohne aufwändige Mathematik möglich ist, war für alle Teilnehmer eine entscheidende Erkenntnis, um künftig anders an derartige Probleme heranzugehen.
Stimmen von Teilnehmern:
„Der Workshop hat mir geholfen, komplexe Situationen in meinem beruflichen und privaten Umfeld zu erkennen und hat mir ein Werkzeug gegeben, damit umzugehen.“
„Die Beispiele im Workshop waren (…) sehr hilfreich und anschaulich. Gut fand ich auch, dass die Beispiele sowohl die Familie (Alltag) als auch REACH (Arbeit) betrafen.“
„Hier wird verdeutlicht und vermittelt, an welchen Stellen in einem komplexen System Änderungen vorzunehmen sind, um das Ziel zu erreichen.“
„Diese Woche förderte die Fähigkeit zum ganzheitlichen Denken, ohne sich im Tagesgeschäft zu verzetteln“.
Da der Workshop als Prototyp ausgelegt war, wurde am letzten Tag intensiv an einer Verbesserung und Fokussierung gearbeitet, um die Inhalte in größerem Maße vermitteln zu können. TU Ilmenau und ZVO werden dazu weiter zusammenarbeiten und das Konzept weiterentwickeln.
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