„Mehr Hauptuntersuchungen, weniger erhebliche Mängel – das ist zusammengefasst das Ergebnis des neuen TÜV-Reports. Eine positive Sicherheitsbilanz, für die Haupt- und Abgasuntersuchung die Grundlage bilden“, sagt Jürgen Wolz, Leiter Service Line Retail und Amtliche Tätigkeiten Deutschland bei der Division Mobility TÜV SÜD. Einen wichtigen Grund für sinkende Mängelquoten sehen die Fachleute von TÜV SÜD auch in dem sich wandelnden Mobilitätsverhalten. Car-Sharing, Abo-Fahrzeuge oder Dauervermietung – für solche Fahrzeuge gibt es Wartungsverträge. Ein weiterer Grund ist eine pandemiebedingt reduzierte Laufleistung der meisten Fahrzeuge. „Mehr Wartung und geringere Laufleistungen in der Gesamtflotte haben zur Verbesserung der Mängelquote beigetragen“, resümiert Wolz.
Fahrwerk im Fokus
So viel Freude wird dann doch getrübt von den Themenbereichen Licht und Fahrwerk. An der Beleuchtung und den Fahrwerkskomponenten gibt es gegenüber dem vergangenen Betrachtungszeitraum lediglich geringe Verbesserungen. Und Fahrwerksmängel sind dabei keineswegs nur bei günstigeren oder ganz alten Autos zu finden. Selbst Modelle deutscher Premiumhersteller fallen nicht selten bereits in den ersten Jahren durch höhere Mängelquoten beim Fahrwerk auf. Die Gründe? Immer mehr Komfort und Sicherheit sowie mehr Fahrdynamik und immer schwerere Autos fordern hier ihren Tribut. Wolz: „Die Fahrwerke sind in den vergangenen Jahren wesentlich komplexer geworden. Größere Fahrzeuge und mehr Gewicht erfordern Leichtbau selbst bei den Achskomponenten. Dazu kommt ein ständig steigender Kostendruck. Komfort, Sicherheit, Kosten – das ist das Dreieck, das Fahrwerksentwickler austarieren müssen.“ Die hohe Komplexität des Fahrwerks und mehr Kilos führen wiederum dazu, dass ein unachtsamer Umgang, wie Bordsteinrempler oder mangelnde Wartung, sich schneller bemerkbar macht und dann von den Sachverständigen bemängelt wird.
Vielfältige Gründe/heterogenes Bild
Aber Fahrwerksmängel gibt es natürlich nicht nur bei besonders ausgeklügelten Systemen. Die Achskomponenten werden bei den Modellen der verschiedensten Hersteller überdurchschnittlich oft beanstandet. Dementsprechend heterogen ist auch das Bild der Ursachen. Einige Beispiele:
Ausreißer gibt es etwa bei Mazda, Nissan, Renault oder Fiat. So steigen die Mängel beim Mazda 6 kontinuierlich ab der dritten HU-Runde an – bis auf 4,4 Prozentpunkte über dem Durchschnitt. Beim Nissan Qashqai ist es dann sogar ein Abstand von 9,5 Prozent. Rote Zahlen auch beim Renault Megane und beim Fiat 500: 1,5 beziehungsweise 1,9 Prozent über dem Mittel. Wolz zu den Ursachen: „Bei den günstigeren Modellen sind Wartungsverträge weniger verbreitet. Das heißt, Mängel werden nicht automatisch vor der HU repariert. Zudem sind diese Autos eher im harten Kurzstreckenalltag, oft auch in der Stadt unterwegs – Stichwort Bordsteinrempler. Zusätzlich spielen die Kosten für die Wartung unter Umständen eine wichtigere Rolle.“
Zurück zu den hochpreisigen Modellen: Wie gesagt finden sich Fahrwerksmängel selbst bei Autos, deren Käufer viel Wert auf Premium-Entspannung oder rennsportverdächtige Fahrdynamik legen. So liegen Dreier und Vierer von BMW bereits bei der ersten HU geringfügig über dem Durchschnitt. Der Abstand zum Durchschnitt wächst bis zum 11. Lebensjahr auf beinahe 4 Prozentpunkte an. Schlechter als der Durchschnitt zeigen sich Achsfedern und Dämpfung beim Fünfer und Sechser. Bei Audi scheren der A6/7 aus – mit 7,5 Prozent mehr Mängeln an der Achsaufhängung nach elf Jahren. Für Wolz ergibt sich hier ein klares Bild: „Diese Modelle zeichnen sich durch besonders ausgeklügelte Fahrwerksysteme, aber auch durch besonders hohe Laufleistungen aus. Hier liegen die Gründe für die Beanstandungen.“
Stichwort Stadtverkehr: Auch die Mercedes C- und E-Klasse müssen wegen des Fahrwerks häufiger als der Durchschnitt die Service-Runde drehen. Bei den Schwaben ist es die Achsaufhängung, die überdurchschnittlich häufig beanstandet wird. So muss deswegen etwa die E-Klasse gleich bei der ersten HU nach drei Jahren häufiger als das Mittel in die Werkstatt. Abstand hier: 0,2 Prozentpunkte. Danach steigen die Werte bis zu den Elfjährigen beinahe stetig an. Differenz zum Durchschnitt nach elf Jahren: 3,0 Prozentpunkte. Wolz: „Bei der E-Klasse muss die häufige Nutzung als Taxi bedacht werden.“ Mängel auch bei VW. Bei den Wolfsburgern fallen nach elf Jahren vor allem Passat (+1 Prozentpunkt EM-Achsfedern, -dämpfung über dem Durchschnitt), Touran (+0,9) und Tiguan (+2,7) auf. Wolz‘ Resümee: „Die Gründe für die Fahrwerksmängel sind sehr unterschiedlich. Bei den teureren Fahrzeugen spielen die hohe Komplexität und das Herausarbeiten von Feinheiten eine entscheidende Rolle. Besonders hohe Laufleistungen müssen bei diesen Modellen ebenfalls eingepreist werden. Bei den Günstigeren sind es nicht selten die geringere Wartung und der härtere Einsatz in der Stadt, der die Fahrwerkskomponenten besonders beansprucht.“
Insgesamt besser Beim
Blick auf die Mängelgruppen in den knapp fünf Millionen Datensätzen von TÜV SÜD zeigen sich keinerlei Ausreißer bei den einzelnen Fahrzeugkomponenten. Das gilt auch für die Fahrwerke insgesamt. Betrachtet man hier die Mängelquoten aller untersuchten Modelle, ergibt sich beispielsweise bei den Achsenfedern und Dämpfungen der HU-Debüttanten eine minimale Verbesserung von 0,1 Prozentpunkten gegenüber dem TÜV-Report 2021. Nach fünf Jahren gibt es ein durchschnittliches Minus von 0,2 Prozentpunkten bei der Achsaufhängung. Die Lenkgelenke haben sich bei den Siebenjährigen ebenfalls um 0,2 Prozentpunkte verbessert. Korrosion spielt nur noch ab neun Jahren eine Rolle, aber selbst dann nur geringfügig. Das gilt auch für die Antriebswellen. Licht verbessert sich weiter leicht.
Zwei Sterne bei den Siegern
Zurück zur Gesamtauswertung aller Hauptuntersuchungen (TÜV-Verband) zwischen Juli 2020 und Juni 2021. Zum dritten Mal in Folge siegt der Mercedes GLC mit einer durchschnittlichen Quote der erheblichen Mängel von 1,5 Prozent nach drei Jahren. Das bedeutet eine weitere Verbesserung um 0,2 Prozentpunkte. Direkt dahinter die B-Klasse mit einer EM-Quote von 1,9 Prozent. Platz drei erobert der Neuzugang VW T-Roc mit einer EM-Quote von 2,0 Prozent. Im letzten Jahr stand hier noch der Opel Insignia. Der Rüsselsheimer stürzt dieses Mal geradezu ab auf Platz 80. Ebenfalls runter vom Treppchen: Mercedes SLC und Porsche 911. Beide landen auf dem vierten Platz (EM: 2,1 Prozent). Zum Tabellenende: Der Dacia Logan (11,6 Prozent) übernimmt wieder die rote Laterne vom Dacia Duster (11,4 Prozent). Den drittletzten Platz belegt aktuell der Renault Kangoo mit einer Quote der erheblichen Mängel von 9,2 Prozent. Diese in der Anschaffung sehr günstigen Fahrzeuge schneiden aber auch nicht viel schlechter ab als etwa der Ford Galaxy (7,5 Prozent) oder der VW Sharan mit 7,3 Prozent.
Insgesamt liegt die durchschnittliche Quote der erheblichen Mängel aktuell bei 17,9 Prozent. Das sind 2,0 Prozentpunkte weniger als beim TÜV-Report 2021 und davon betroffen sind knapp 1,75 Millionen Fahrzeuge. Ganz ohne Mängel passieren knapp 73 Prozent der Fahrzeuge die Prüfgassen – das entspricht gut 7 Millionen Autos. Die Quote der geringen Mängel liegt aktuell bei 9,1 Prozent.
Stabübergabe: Opel Karl ist Klassenbester
Klassenbeste: In der Klasse „Mini“ überreicht Opel den Pokal vom Adam an Karl (3,4 Prozent). Bei den Kleinwagen bleibt’s der Audi A1 (2,9 Prozent). In der Kompaktklasse übernimmt wieder die A-Klasse von Mercedes (2,5 Prozent) den Spitzenplatz vom Hyundai i30. Der Sieg in der Mittelklasse geht vom Opel Insignia wiederum zurück an die C-Klasse (2,5 Prozent). Die B-Klasse verfestigt ihre Position bei den Vans (1,9 Prozent). Gesamtsieger Mercedes GLC (1,5 Prozent) ist zum dritten Mal SUV-Sieger.
Vergleich der TÜV SÜD-Regionen: Sachsen und Bayern mit geringeren Mängelquoten
Für einen detaillierten Überblick wertet TÜV SÜD zusätzlich seine Daten aus den Marktgebieten Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Hamburg aus. Ergebnis über alle Altersklassen hinweg: Sachsen hat mit 16,3 Prozent die niedrigste Mängelquote, gefolgt von Bayern mit 18,8 Prozent und Baden-Württemberg mit 21 Prozent. In Hamburg fiel die Quote am höchsten aus: Im TÜV HANSE-Stammland mussten 27 Prozent aller Fahrzeuge wegen erheblicher Mängel die Werkstattrunde drehen.
Der TÜV-Report wird jedes Jahr vom TÜV-Verband veröffentlicht und gilt als einer der wichtigsten unabhängigen Ratgeber für Autofahrer und Gebrauchtwagenkäufer. In den TÜV-Report 2022 fließen die Hauptuntersuchungsergebnisse aller TÜV-Gesellschaften in Deutschland ein – aktuell mehr als 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen (HU) zwischen Juli 2020 und Juni 2021. Als größter Fahrzeug-TÜV hat TÜV SÜD beinahe 50 Prozent der Datensätze bereitgestellt.
Der TÜV-Report 2022 ist ab Freitag, 12. November 2021, zum Preis von 5,40 Euro in den TÜV SÜD Service-Centern und im Handel erhältlich.
Alle Informationen zum TÜV-Report 2022 unter https://www.tuvsud.com/… und https://www.tuev-verband.de/.
Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Mehr als 25.000 Mitarbeiter sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder Erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. www.tuvsud.com/de
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