Wie der Verkehr in dieser Legislatur und vor allem zukünftig rollen soll, scheint den rot-grün-roten Koalitionär*innen in Berlin nicht so klar zu sein. Ohne konkrete quantifizierbare Sektorenziele, wie Berlin die CO2-Emissionen um 70 Prozent bis 2030 reduzieren will, bleibt der Koalitionsvertrag erschreckend diffus. Changing Cities begrüßt den Fokus auf mehr ÖPNV, kritisiert aber, dass dies für eine Mobilitätswende nicht ausreicht. Ist den Koalitionär*innen klar, was Mobilitätswende eigentlich bedeutet?

„Wir freuen uns, dass der Koalitionsvertrag sich wenigstens klar zu Kiezblocks und Schulstraßen bekennt. Das hätte es ohne uns nicht gegeben. Der fromme Wunsch nach Quartiersumgestaltungen wird allerdings nicht mit Zahlen unterfüttert: Changing Cities fordert 150 Mio Euro pro Jahr für den Radverkehr und mindestens 150 zusätzliche Planerstellen. Eine echte Mobilitätswende fordert vielfältige und konkrete Maßnahmen, die durch klare Rahmenbedingungen umrissen sind. Sie ist weit mehr als ein Potpourri aus ÖPNV-Förderungen“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.

Neben dem ÖPNV soll der Ausbau des Radverkehrs durch eine zentrale Organisationseinheit beschleunigt werden: „Die Zuständigkeit für Planung, Bau und Instandhaltung der Hauptverkehrsstraßen für den gesamten Querschnitt sowie für die Fahrradstationen und Fahrradparkhäuser geht von den Bezirken an den Senat über.“ Dies entspricht einer Forderung von Changing Cities und soll das Berliner „Zuständigkeitspingpong“ beenden.

Ansonsten enthält das Papier häufig nur unkonkrete Absichtserklärungen. Zwar werden als Preis für das Anwohner*innenparken 10 Euro pro Monat aufgerufen – ein solcher Betrag wird allerdings kaum Lenkungswirkung entfalten, denn mit 0,014 Cent pro Stunde, ist er immer noch 10-fach günstiger als ein für zwei Stunden gültiges BVG-Ticket á 3 Euro. Zudem gilt „flächendeckende Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Rings“ nur in wenigen Kiezen, von der Erfüllung des 2016 durch Rot-Rot-Grün gegebenen Versprechens sind wir noch weit entfernt. Unklar ist außerdem, wie sich die Höhe innerhalb der Legislatur entwickeln wird.

Auch „Vision Zero“ erwähnen die Koalitionär*innen: „Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen der Flüssigkeit des Verkehrs vor.“ Offensichtlich konnte man sich nicht einigen – und hat der Einfachheit halber Widersprüchliches nebeneinander stehen lassen. Dies wird die Verkehrssicherheit auf den Berliner Straßen jedoch nicht erhöhen. 

„Zusammenfassend lässt sich sagen: Rot-Grün-Rot bekennt sich zum Mobilitätsgesetz, das sie in der letzten Legislatur verabschiedeten. Aber die Kraft zur konsequenten Umgestaltung der Verkehrssysteme der Hauptstadt ist weiterhin nicht erkennbar. Die Chance, Berlin zu einer nachhaltigen Vorzeige-Stadt zu machen, wurde vertan. Paris, Barcelona, London – the floor is yours“, so Sørensen von Changing Cities.

Über den Changing Cities e.V.

Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

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