Die Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy kritisiert die Vorschläge der EU-Kommission zur Senkung der Methanemissionen im Energiesektor als unzureichend für erfolgreichen Klimaschutz. „Die EU doktert mit ihrer geplanten Verordnung nur an Symptomen herum. Stattdessen muss sie ein klares Enddatum für die Nutzung von fossilem Gas setzen“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy: „Aus Klimaschutzgründen fordern wir einen kompletten Erdgasausstieg bis 2035.“ Dass es zwingend sei, das Problem an der Wurzel packen, zeigten auch die Daten einer neuen, von Green Planet Energy beauftragten Studie1, so Keiffenheim. „Die Hälfte der Gesamtemissionen entsteht bereits bei Förderung, Verarbeitung und Transport von Erdgas. Deshalb ist die beste Maßnahme zur Verhinderung von Klimaschäden durch Methan, fossiles Gas gar nicht erst zu fördern“, sagt Keiffenheim. Aus diesem Grund fordert Green Planet Energy die neue Bundesregierung auf, die EU-Vorschläge zur Regulierung von Methanemissionen ohne ein ambitioniertes Enddatum für die Erdgasnutzung abzulehnen.

Bis zu einem vollständigen Erdgasausstieg sind aus Sicht der Ökoenergiegenossenschaft zudem deutlich ambitionierte Schritte zur Senkung der Methanemissionen erforderlich als die EU-Kommission anstrebt. Sie will ihre neue Verordnung dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten am 14. Dezember vorstellen. Obwohl die EU 97 Prozent des Erdöls, 90 Prozent der fossilen Gase sowie 70 Prozent der Steinkohle importiert, kritisiert Green Planet Energy, wolle die Kommission im Kern nur jene Methanmengen regulieren, die bei der Förderung und Weiterverarbeitung von Öl, Gas und Kohle in der Union selbst entstehen. „Das reicht bei weitem nicht: Die EU muss Verantwortung auch für die in den Lieferländern entstehenden klimaschädlichen Methanemissionen hier verbrauchter fossiler Energieträger übernehmen“, sagt Marcel Keiffenheim, „als einflussreicher Abnehmer hat sie die Macht, sehr rasch wirksame Reduktionsmaßnahmen durchzusetzen.“

Green Planet Energy schlägt dazu einen Mechanismus analog zum „Carbon Border Adjustment Mechanism“ der EU vor. Damit will die Kommission im Rahmen ihres „Green Deals“ allen Gütern, die in die Union importiert werden, einen Kohlenstoff-Preis auferlegen. Ein solcher Preisaufschlag, der die realen Klimaschäden durch Methan widerspiegelt, sollte laut Green Planet Energy entsprechend auch für Öl-, Gas- und Steinkohle-Importe in die EU-Staaten gelten. In der Folge würden Importe vermehrt aus Förderländern stammen, die strenge Regularien für Methanemissionen umsetzen.

Dies ist umso dringlicher, weil die Klimaschädlichkeit speziell von fossilem Gas deutlich höher ist als üblicherweise dargestellt, wie die neue, von der Ökoenergiegenossenschaft beauftragte Studie „Klimaschäden durch Erdgas“ 1 belegt: Zu den bei der direkten Verbrennung von Erdgas entstehenden 200 Gramm CO2 je Kilowattstunde (kWh) kommen im Schnitt weitere 157 g CO2e (CO2-Äquivalente) pro kWh an Methanemissionen hinzu. Diese entstehen schon in den Vorketten der Erdgaslieferung, entweichen also bei der Förderung und Verarbeitung in den Lieferländern sowie beim Transport. Das hochpotente Treibhausgas Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas. Die Höhe der Emissionen ist stark von den Förderbedingungen in den Produktionsländern abhängig. So beziffern Länderstudien für Russland, einen Hauptlieferanten von fossilem Gas, die Vorketten-Emissionen sogar auf 240 bis 280 g CO2e/kWh. „Die Klimaschäden durch Erdgas verdoppeln sich also, wenn die gesamte Versorgungs- und Verbrauchskette betrachtet wird“, resümiert Studienautor Dr. Steffen Bukold vom Hamburger Forschungsbüro EnergyComment.

Als mangelhaft bewertet Green Planet Energy deshalb die von der EU-Kommission bislang vorgeschlagenen Reduktionsmaßnahmen für Methanemissionen. So müsse insbesondere das Ablassen von Methan in die Atmosphäre oder das Abfackeln von Mengen, die bei der Förderung von Öl und Gas aus Kostengründen nicht genutzt werden, auch in außereuropäischen Lieferländern spätestens zu Beginn des Jahres 2023 beendet werden. Zudem müsse das Aufspüren und Reparieren von Methanlecks deutlich enger getaktet werden als von der EU geplant, die einen Halbjahres-Rhythmus vorschlägt. „Wir brauchen jetzt eine rasche Senkung der Methanemissionen in jedem Glied der Kette. Das muss die EU-Kommission jetzt dringend durchsetzen“, fordert Marcel Keiffenheim von Green Planet Energy. „Die EU darf nicht die Renditen fossiler Energiekonzerne schützen, ob staatlich oder privat. Die EU muss das Klima schützen“, sagt Keiffenheim.

Green Planet Energy warnt in diesem Kontext auch davor, in der EU die Nutzung von sogenanntem „Blauem Wasserstoff“ als „kohlenstoffarme“ Technologie zu fördern. Dieser wird auf Erdgasbasis produziert, das anfallende CO2 soll dabei per CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) zum Beispiel in früheren Erdgaslagerstätten verpresst werden. „Die hohen Methan-Emissionen aus der Vorkette heizen dann aber weiterhin die Klimakrise an“, sagt Marcel Keiffenheim. Zugleich würden beim Einsatz von CCS knappe Lagerkapazitäten blockiert, die später für die Einlagerung von CO2 gebraucht werden könnten, etwa um unvermeidbare Restemissionen zu speichern. „Die einzige wirklich sinnvolle Lösung für wirksamen Klimaschutz ist der rasche Ausstieg aus fossilen Energieträgern und der rapide Ausbau erneuerbarer Energien, mit deren Hilfe dann auch grüner Wasserstoff hergestellt werden kann“, sagt Keiffenheim, „darauf müssen die EU und auch die Bundesregierung ihre Ressourcen konzentrieren.“

[1] Die neue Studie „Klimaschäden durch Erdgas“ können Sie auf unserer Webseite unter diesem Link herunterladen: gp-e.de/klimaproblem-erdgas

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