Bei zahlreichen Rohstoffen steigen seit Monaten die Preise. Das bringt Unternehmer immer wieder in schwierige Situationen, wenn sie die höheren Kosten an ihre Kunden weitergeben wollen. Was können sie tun, damit die gestiegenen Rohstoffkosten nicht ihre Gewinne fressen?

 Holz und Dämmstoffe sind seit dem vergangenen Jahr richtig teuer geworden. Auch bei Stahl, Kies oder Sand gab es Preissteigerungen. So verteuerte sich laut Statistischem Bundesamt Konstruktionsvollholz im Mai 2021 um 83,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Grund ist vor allem der anhaltende Bauboom weltweit. Und während erste Impferfolge die Hoffnung auf eine Erholung der Weltwirtschaft keimen lassen, ist ein Ende der knappen Marktversorgung mit Rohstoffen nicht in Sicht.

Preissteigerungen: Besser im Vorfeld berücksichtigen

Sind die Preissteigerungen also einfach ein notwendiges Übel? „Ein bisschen muss man schon damit leben“, sagt Christian Fiedler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in Rostock. Er betreut zahlreiche mittelständische Unternehmen aus der Baubranche, darunter auch Handwerker. Und er weiß: „Oft sind die Lieferengpässe das Problem und nicht die Preissteigerungen. Wer einen Dachstuhl baut, ist in diesen Zeiten froh, wenn er überhaupt das notwendige Holz bekommt.“

Gerade bei langfristigen Bauvorhaben sind die Preissteigerung bei Rohstoffen ein unternehmerisches Risiko. Das bestätigt Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München. „Unternehmer sollten Schwankungen also bestenfalls bereits in die Angebote einpreisen“, sagt Reichert. Denn nachträgliche und einseitige Änderungen an bestehenden Verträgen sind ohnehin nicht möglich. Eine einfache Weitergabe der gestiegenen Rohstoffkosten ist also ausgeschlossen.

Augen zu und durch?

Natürlich gibt es auch hier ein „Aber“. Beispiel Dachstuhl: Will ein Bauherr entgegen der Verabredung erst ein Jahr später bauen, sind die Verzögerungen der Kundenseite geschuldet. Dann kann der Handwerker nachverhandeln, um die in der Zwischenzeit gestiegenen Kosten für das dafür benötigte Holz weiterzugeben. „Das wird meist einvernehmlich geregelt“, sagt Fiedler und erläutert: „Schließlich haben in der Regel beide Parteien ein Interesse daran, den Auftrag zu erfüllen.“ Wer dabei die besseren Karten hat, bestimmt meist der Markt, und dort sind momentan nicht nur die Rohstoff e knapp, sondern auch die Handwerker.

Bauzeiten, Preisgarantien und Bindefristen nutzen

„Am besten aber ist es, es gar nicht erst zu Problemen kommen zu lassen“, rät Fiedler. Wer also beispielsweise Bauzeiten vereinbart, der kann Unstimmigkeiten bereits im Vorfeld vermeiden. So ist klar, für welche Zeiten die Preise kalkuliert wurden und wann nachverhandelt wird.

Auch in die andere Richtung kann es sich lohnen, sich abzusichern. Hier sind theoretisch Preisgarantien in Richtung Lieferanten denkbar. „Kleinere und mittelständische Betriebe sind aber meist nicht in der Marktposition, um solche Garantien durchzusetzen“, gibt Reichert zu bedenken. Je knapper das Gut, desto schlechter stehen daher die Chancen, die Lieferanten hier an Zusagen zu binden. Dazu kommt, dass nur ausgewogene Vertragsvereinbarungen im Fall eines Streits auch rechtsgültig sind. Das bedeutet: Wenn jemand Preisgarantien vereinbart, dann gelten diese natürlich auch für den Fall, dass die Rohstoffpreise fallen.

Preisgleitklauseln – gute Idee, schwierige Umsetzung

Auch Preissteigerungsklauseln können helfen, künftigen Preissteigerungen bei Rohstoffen nicht schutzlos ausgeliefert zu sein. Die Idee: Mit einer solchen Klausel, die den Vertrag ergänzt, sichert sich der Lieferant, also der Handwerker, das Recht, bei einer Erhöhung der Selbstkosten für das Holz den Preis für die Leistung, also den Dachstuhl, anzupassen. So lassen sich Preisänderungen am Markt auch in der Vergütung an den Kunden weitergeben. Was gut und vernünftig klingt, scheitert jedoch oft an der Umsetzung. „Hier gibt es eine Menge Feinheiten zu beachten“, warnt Fiedler. Weitere Voraussetzungen sind unter anderen:

  • Der Ausgangspreis muss fixiert worden sein.
  • Die Preiserhöhung darf nur künftig, nicht rückwirkend sein.
  • Voraussetzungen und Umfang der Preisänderung müssen für den Kunden nachvollziehbar sein.

Um rechtsverbindliche Vertragsvereinbarungen zu schaffen, ist die Hilfe eines Rechtsanwalts notwendig. Wie hoch die Hürden sind, sieht man an einem prominenten Beispiel: Die Stoffpreisgleitklausel im Einheitspreis-Bauvertrag, die im Vergabe- und Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes (VHB) enthalten war, hat der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen 2014 und 2018 für ungültig erklärt. Reichert fasst zusammen: „Wägen Sie immer Ihre aktuelle Marktsituation ab und sprechen Sie mit Ihrem Rechtsanwalt.“

Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München

Christian Fiedler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in Rostock

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