Hohe Ehrung für einen großen deutschen Filmregisseur: Michael Verhoeven wird für sein filmisches Werk mit dem Helmut-Käutner-Preis 2022 der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Der Preis wird seit 1982 an Persönlichkeiten verliehen, die „durch ihr Schaffen die Entwicklung der deutschen Filmkultur nachdrücklich unterstützt und beeinflussen.“ Frühere Preisträger:innen waren u.a. Wim Wenders, Christian Petzold, Margarethe von Trotta oder Caroline Link. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird voraussichtlich im Mai zum 17. Mal im Rathaus der Landeshauptstadt vergeben werden (Termin tba).

In der Begründung der Jury heißt es: „Der diesjährige Helmut-Käutner-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf geht an den Regisseur, Autor, Produzent und Schauspieler Michael Verhoeven, dessen filmisches Werk fünf Jahrzehnte umfasst, mit Spiel- und Dokumentarfilmen. Sein filmisches Lebenswerk setzt sich auf ebenso singuläre wie kritische Weise mit der deutschen Geschichte auseinander. Michael Verhoeven, der Helmut Käutner noch persönlich als Schauspieler kannte und mit ihm bei zwei Kinofilmen in den 1950er Jahren zusammenarbeitete, ist eine der wichtigsten humanistischen Stimmen des deutschen Films. Mit Filmen wie etwa "Die weiße Rose" (1982), "Das schreckliche Mädchen" (1990) oder "Mutters Courage" (1995), mit Dokumentarfilmen wie "Der unbekannte Soldat" (2006) oder "Menschliches Versagen" (2008) beleuchtet Michael Verhoeven mit seiner ihm eigenen Tiefenschärfe die Zeit des Nationalsozialismus, wie es nur wenige andere Filmschaffende tun. (…)“

„Die Filmstiftung gratuliert Michael Verhoeven von Herzen zur Auszeichnung mit dem Helmut-Käutner-Preis“, so Petra Müller, Jury-Mitglied und Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW. „Mit Verhoeven ehrt Düsseldorf einen Regisseur, der den deutschen Film seit den 60er Jahren bis in die Gegenwart geprägt hat. Die kreative Bandbreite seines Werks reicht von Spiel – und Dokumentarfilmen bis hin populären Fernsehserien, sein zentrales Thema ist aber die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, die gerade heute wieder dringend gebraucht wird. Ein Mann mit Haltung, ein großer deutscher Regisseur und ein würdiger Preisträger!“

Die Jury des Helmut-Käutner-Preises 2022 tagte heute, Samstag, 29. Januar in einer vom Filmmuseum durchgeführten Online-Sitzung. Ihr gehörten an: Als Vertreter:innen des Kulturausschusses Susanne Schwabach-Albrecht, Cornelia Mohrs und Karin Trepke; ferner Hans-Georg Lohe (Kulturdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf), Bernd Desinger (Leiter des Filmmuseums Düsseldorf), Petra Müller (Geschäftsführerin Film- und Medienstiftung NRW), Ruth Schiffer (Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW) die Filmproduzentin Anita Elsani, Regisseurin, Produzentin und Autorin Cordula Kablitz-Post sowie Filmjournalist und Buchautor Thilo Wydra.

Zum Preisträger
Michael Verhoeven, 1938 in Berlin geboren, begann seine Karriere als jugendlicher Darsteller in Filmen der 1950er Jahre („Das fliegende Klassenzimmer“, „Der Jugendrichter“, „Der Pauker“), entschloss sich dann aber, zunächst Medizin zu studieren, promovierte 1969 und arbeitete einige Jahre als Arzt, unter anderem in Boston. Nach weiteren Rollen in Kinofilmen (u.a. in Helmut Käutners „Das Haus in Montevideo“ und „Lausbubengeschichten“) gründete er mit seiner Frau, Senta Berger, die Filmproduktionsfirma Sentana und begann, als Regisseur selbst Filme zu drehen. 

Sein experimenteller Anti-Vietnam-Kriegsfilm O.K. sorgte als Wettbewerbsbeitrag auf der Berlinale 1970 für einen Skandal, der dazu führte, dass der Wettbewerb abgebrochen wurde und ohne Preisverleihung blieb. 1982 verfilmte er die Geschichte der Geschwister Scholl in „Die weiße Rose“ und für seinen Film „Das schreckliche Mädchen“ (1990) erhielt er eine Oscar-Nominierung als „bester ausländischer Film“. Diese beiden Filme und weitere, die sich mit der Geschichte des Dritten Reichs beschäftigten, sorgten dafür, dass Michael Verhoeven zu einem der wichtigsten politischen, deutschen Filmregisseure wurde. Im Jahr 2006 erschien nach siebenjähriger Arbeit sein erster Dokumentarfilm „Der unbekannte Soldat“ über Reaktionen zur Wehrmachtsausstellung. 

In seiner 2008 erschienenen Dokumentation „Menschliches Versagen“ befasst sich Verhoeven mit der Frage, in welchem Ausmaß die deutsche Zivilbevölkerung von der Entziehung von jüdischem Vermögen in der NS-Zeit profitierte. In seinem 2011 in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk entstandenen Dokumentarfilm „Die zweite Hinrichtung – Amerika und die Todesstrafe“ befasst sich Verhoeven mit dem vermeintlichen Schwerverbrecher Romell Broom und dessen Hinrichtung in Lucasville, Ohio. 

Populär wurde auch die TV-Serie "Die schnelle Gerdi" (1989, mit Berger als Münchner Taxifahrerin), hauptsächlich aber konzentrierte er sich auf politische Filme. In zeit- und gesellschaftskritischen Produktionen fand Verhoeven als Regisseur seine Stoffe und erhielt dafür große Anerkennung und zahlreiche Preise. 

Jeweils zusammen mit Senta Berger wurde er 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz und 2002 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 2005 erhielt Michael Verhoeven den Marion-Samuel-Preis. Er ist Sohn des Schauspielers und Regisseurs Paul Verhoeven und der Schauspielerin Doris Kiesow (1902–1973), Bruder von Lis Verhoeven und Onkel der Schauspielerin Stella Adorf. Er ist seit 1966 ist er mit Senta Berger verheiratet. Ihre Söhne, Simon und Luca, sind ebenfalls im Filmgeschäft tätig.

Siehe auch www.duesseldorf.de

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