Anfang April forderte die Junta in Guinea die Bauxit-Bergbauunternehmen auf, Pläne für den Bau von Raffinerien zu entwerfen. Darüber hinaus stellte die Regierung schon im März die Arbeiten an der riesigen Eisenerzmine Simandou vorübergehend ein, da die Vertragsvereinbarungen zu diesem Zeitpunkt nicht den nationalen Interessen zugute gekommen seien. Eine neue Vereinbarung gibt dem Staat einen Anteil von 15 % an der gesamten Transportinfrastruktur und dem Abbau des Simandou-Projekts. Die Regierung droht zudem mit dem Widerruf von Lizenzen, wenn die Entwicklung in Verzug gerät.

Guinea ist der weltweit größte Exporteur von Bauxit, das für die Herstellung von Aluminium und Gallium benötigt wird. Zudem verfügt das Land über lukrative Eisenerzvorkommen. Dennoch stuft der Kreditversicherer Credendo das Enteignungsrisiko in der zweitschlechtesten Risikokategorie 6/7 ein aufgrund einer langen Geschichte von Vertragsrevisionen und Rechtsstreitigkeiten. Für das mittel- bis langfristige politische Risiko gilt sogar seit Jahren Credendos schlechteste Kategorie 7/7 aufgrund politischer Unruhen, Konflikte, strukturell hoher Leistungsbilanzdefizite und Liquiditätsproblemen.

Nach landesweiten Protesten und harten staatlichen Razzien gab es in Guinea im September 2021 einen Militärputsch, der breite Unterstützung in der Bevölkerung fand und Präsident Condé aus dem Amt jagte. Regionale Gremien (wie ECOWAS und die Afrikanische Union) bestehen nach wie vor auf einem kurzen Übergang zu einer verfassungsmäßigen Herrschaft, aber die Junta hat bislang keinen Fahrplan bestätigt. Die Einsetzung eines technokratischen Kabinetts hat die Bedenken externer Partner und Bergbauinvestoren etwas gemildert. Die US-Suspendierung Guineas vom African Growth and Opportunity Act (AGOA) im Januar 2022 als Reaktion auf den Putsch wird sich nach Einschätzung von Credendo dennoch negativ auf die Leistungsbilanzeinnahmen auswirken.

Die endgültigen politischen Auswirkungen des Putsches hält der Kreditversicherer für ungewiss. In der Bevölkerung wächst die Unzufriedenheit mit dem langsamen Übergang von der Militär- zur Zivilherrschaft. Die Forderung nach größeren nationalen Vorteilen aus dem florierenden Bergbausektor könnte für die Junta zur Möglichkeit werden, die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen. Große Hürden für die Wertschöpfung im Bergbausektor sieht Credendo jedoch in Stromausfällen und enormen Umweltgefahren im Zusammenhang mit der Bauxitraffination. Darüber hinaus setzt die hohe Importabhängigkeit für lebenswichtige Güter das Land ernsthaft den Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs auf die Lebensmittel- und Energiepreise aus. Soziale Unruhen wegen steigender Lebenshaltungskosten drohen. Steigende Metallpreise hingegen könnten sich positiv auswirken. Die kurzfristigen Aussichten für Guinea hängen laut Credendo von der Entwicklung der internationalen Rohstoffpreise und der Hinwendung der Bevölkerung zum demokratischen Übergang ab, was möglicherweise zu erneuten Massenprotesten führen könnte. Die hohe externe Nachfrage nach Bauxit, Gold und Diamanten treibt aber das BIP-Wachstum an. 

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