• Hohe Inflationserwartungen verfestigen sich
• EZB-Ratssitzung im Juli im Fokus: Zinserhöhung erwartet
• Renditeanpassung wahrscheinlich

Die Weltwirtschaft wird nach einem ordentlichen Jahresauftakt von dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den Lockdowns in China belastet. Für den Euro-Raum stellt der Ukraine-Krieg einen schweren wirtschaftlichen Belastungsfaktor dar und lässt ein Stagflationsszenario Realität werden. In wenigen Monaten verschlechterte sich die Konjunktur. Das Risiko temporärer Stopps russischer Gas- und Rohöllieferungen, weitere Lieferengpässe und ein hoher Preisdruck beeinflussen das Tagesgeschäft.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen prognostizieren die KapitalmarktexpertInnen Manfred Bucher (BayernLB), Dr. Ulrich Kater (DekaBank), Birgit Henseler (DZ BANK AG), Ulf Krauss (Helaba), Dr. Thomas Meißner (LBBW) und Christian Lips (NORD/LB) für das laufende zweite Quartal ein deutsches Bruttoinlandsprodukt in einer Spanne von -0,4 Prozent und 0,6 Prozent. Für das Gesamtjahr 2022 bewegen sich die Prognosen in einer Spanne von 1,3 Prozent und 2,2 Prozent, für den Euroraum zwischen 1,8 Prozent und 2,8 Prozent. Für das Jahr 2023 liegt die Prognosespanne zwischen 2,0 und 2,5 Prozent für Deutschland und zwischen 1,5 und 2,5 Prozent für den Euroraum.

Die VÖB-KapitalmarktstrategInnen erklärten gemeinsam: "Die EZB operiert in einem Stagflationsumfeld, das stark vom russischen Krieg in der Ukraine bestimmt wird. Die Zentralbanker gaben sich in der Umsetzung einer straffen Geldpolitik lange zögerlich und stehen nun unter Druck. Jüngste Äußerungen zeigen eine zunehmende Sorge hinsichtlich einer Verfestigung höherer Inflationserwartungen und lassen ein Ende der Netto-Anleihekäufe bereits im Juni 2022 sowie einen Lift-off für Zinserhöhungen erwarten. Bereits im Juli 2022 – spätestens im dritten Quartal 2022 – könnte die erste Zinserhöhung erfolgen, und es dürften weitere Zinsschritte nach oben folgen, sodass der Einlagensatz noch in diesem Jahr ins positive Terrain wechseln könnte."

So werden in der Zweimonatsbetrachtung für Deutschland Teuerungsraten in einer Spanne von 6,6 Prozent bis 7,2 Prozent für wahrscheinlich gehalten. Bei dann nahezu gleichbleibender Tendenz sehen sie die Teuerung im Sechsmonatszeitraum in einer Spanne von 5,5 Prozent bis 7,3 Prozent und erst zum Ende der Zwölfmonatsbetrachtung auf einem abfallenden Niveau von 2,2 Prozent bis 3,8 Prozent.

Aufwärts gerichtete Inflationserwartungen und weiter anziehende Zinserwartungen sowohl in den USA als auch im Euro-Raum ließen auch die Renditen von Staatsanleihen zuletzt massiv steigen. Jedoch wird bei rückläufiger Inflation und schwächerem Wachstum mit einer Renditeanpassung gerechnet. So sehen die VÖB-KapitalmarkstrategInnen im Jahresverlauf stagnierende oder leicht steigende Renditen bei den zehnjährigen Bundesanleihen. Hier liegt die Prognosespanne bei der Zwölfmonatsbetrachtung zwischen 0,75 Prozent und 1,50 Prozent. Die Renditen zehnjähriger US-Treasuries sehen die ExpertInnen zwischen 2,60 Prozent und 3,25 Prozent.

Der Euro wird aktuell von einer erhöhten Risikoaversion und Sorgen um die Konjunktur im energieabhängigen Europa sowie beim wichtigen Handelspartner China belastet. In der Zwölfmonatsbetrachtung sollte bei langsam nachlassendem US-Inflationsdruck das Ende der schnellen Fed-Zinserhöhungen aber absehbar werden, während die EZB den Zins (Einlagensatz) in den positiven Bereich erhöhen dürfte. Daher prognostizieren die KapitalmarktexpertInnen auf Jahressicht, dass der Dollar seine hohe Bewertung gegenüber dem Euro nicht halten kann und auf 1,10 bis 1,20 EUR-USD abgewertet wird.

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